Grosser Rat
Causa Fehlmann: Basler Regierungsrat rüffelt Geschäftsprüfungskommission

Das Parlament genehmigt den Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rats zum Historischen Museum Basel. Dies trotz Kritik der Regierung.

Nora Bader
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Der Grosse Rat beschäftigte sich am Mittwoch mit der Causa Marc Fehlmann.

Der Grosse Rat beschäftigte sich am Mittwoch mit der Causa Marc Fehlmann.

Roland Schmid

Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) hat dem Grossen Rat ihren zweiten Bericht zum Historischen Museum Basel (HMB) vorgelegt. Die Kommission hat die Vorgänge bei der Anstellung, beim Konfliktklärungsprozess und bei der Freistellung des Museums­direktors Marc Fehlmann untersucht.

GPK-Präsident Christian von Wartburg.

GPK-Präsident Christian von Wartburg.

zvg

Es handle sich hier nicht um ein juristisches Verfahren, so GPK-Präsident Christian von Wartburg. Vielmehr nehme die GPK die Rolle eines Oberaufsichtsorgans wahr, könne aber nicht alle Probleme lösen. «Die GPK erhofft sich, dass mit dem Bericht klar dargelegt wird, dass man für das Verhältnis zwischen Museum und Präsidialdepartement bessere Lösungen finden kann als jene, die zur Verfügung stehen», so von Wartburg. Ein Anspruch auf Vollständigkeit könne nicht erhoben werden. Die GPK habe aber versucht, allen Betroffenen Gehör zu verschaffen, und sei zum Schluss gekommen, dass man auf gutem Weg sei. «Es gibt immer noch Mitarbeitende im Museum, die aus konkreten Gründen nicht zufrieden sind. Aber wir sind keine Personalkommission», sagte von Wartburg.

Heftige Kritik der Regierung

Der Regierungspräsident und Vorsteher des Präsidialdepartements (PD), Beat Jans, sagte: «Wie Sie wissen, habe ich vergangenen Herbst beschlossen, betreffend der personalrechtlicher Auseinandersetzung in den Ausstand zu treten.»

Stellvertretend nahm Lukas Engelberger Stellung für den Regierungspräsidenten im Ausstand. Die GPK habe den Grundsatz gebrochen, sich nicht zu laufenden Verfahren zu äussern. Die Kommission habe eigene Nachforschungen und Befragungen vorgenommen, vertrauliche Inhalte veröffentlicht sowie im öffentlichen Bericht eigene Ausführungen und Einschätzungen über entscheidrelevante Sachverhalte geäussert.

Andrea Strahm (Die Mitte) machte in ihrem Votum darauf aufmerksam, dass vier Juristen in der GPK seien und man genau besprochen habe, worüber gesprochen werden dürfe.

«Mittlerweile wurde die Freistellung Fehlmanns zwar juristisch von zweiter Instanz bestätigt», so Engelberger weiter. Der Rekurs Fehlmanns wurde abgewiesen.

Joël Thüring (SVP) wollte wissen, ob das neue Urteil des Appellationsgerichts schon rechtskräftig sei. Engelberger antwortete darauf, er gehe davon aus, dass es bald veröffentlicht werde, er habe keine Kenntnis darüber, ob Berufung angemeldet worden sei.

«GPK-Bericht enthält Lücken»

Während sich die GPK teilweise stark in einen durch das Gericht zu untersuchenden Sachverhalt einmische, enthalte der GPK-Bericht erhebliche Lücken, so Lukas Engelberger weiter: Nicht thematisiert werde das Arbeitsverhalten von Marc Fehlmann, was doch einigermassen erstaune, habe der GPK das gesamte Personaldossier vorgelegen. Insbesondere werde nicht thematisiert, was der Grund für den Abschluss der Aufhebungsvereinbarung gewesen sei.

«Wenn es keine driftigen Gründe für die Trennung gegeben hätte, hätte der anwaltlich vertretene Marc Fehlmann niemals eine Vereinbarung unterzeichnet», so der Regierungsrat. Auch habe es gemäss Assessmentbericht Hinweise darauf gegeben, dass Fehlmann von Anfang an Defizite aufgewiesen habe, darauf gehe die GPK im Bericht ebenfalls nicht ein.

Die Regierung wolle daran erinnern, dass es sich beim Arbeitsvertrag um einen zweiseitigen Vertrag handle und somit nicht nur einseitige Pflichten des Arbeitgebers, sondern auch Pflichten der Mitarbeitenden bestünden.

Die vor der Einstellung empfohlene engere Führung sei erst erfolgt, als es Konflikte gegeben habe. «Im Nachhinein gesehen war das wohl zu spät», so Engelberger. Die Sichtweise der GPK erscheine hier stark widersprüchlich. Einerseits sollen Empfehlungen des Assessments umgesetzt werden. «Andererseits werden Eingriffe in die Selbstständigkeit der GPK sehr kritisch gesehen.»

«Entscheide des Präsidialdepartements waren richtig»

Dass die Weisung des PD erfolgt sei, der Direktor dürfe aufgrund der Missstände im Museum keine personalrechlichten Massnahmen mehr ergreifen, sei im Nachhinein richtig gewesen. Auch wenn entsprechende Eingriffe in die Autonomie gut abgewogen sein und in Zukunft genau geprüft werden müssten. Sollte sich die Situation wiederholen, werde das PD aber erneut eingreifen müssen.

Bekanntermassen schloss das PD mit Marc Fehlmann am 14. Januar 2020 eine Vereinbarung ab, welche das Arbeitsverhältnis per Ende März 2022 vorsah, und Coachings. «Der Vorwurf der GPK, es sei mit Blick auf die Vereinbarung unprofessionell gearbeitet worden, ist aus unserer Optik unzutreffend», hält der Regierungsrat weiter fest. Auch das Appellationsgericht habe in seinem Urteil vom 25. Mai 2022 festgestellt, dass bezüglich der wesentlichen Vertragspunkte «Konsens bestand».

Die spätere Freistellung und auch die Vereinbarung hätten gemäss Appellationsgericht nicht, wie von der GPK impliziert, von der Regierung genehmigt werden müssen. Der Regierungsrat sei aber über alle Vorkommnisse informiert worden.

Vorwürfe der sexuellen Belästigung

Die Mitarbeitenden des HMB hätten in schwierigen Zeiten sehr gute Arbeit geleistet, so Regierungspräsident Jans. Auch die externe unabhängige Fachperson, welche die Fälle der sexuellen Belästigungen nochmals aufgearbeitet habe.

Darum ging es: Ein nicht namentlich genanntes Mitglied der Geschäftsleitung des Historischen Museums Basel soll Mitarbeiterinnen sexuell belästigt haben. Dieser Vorwurf wurde im Juni 2020 an den damaligen Direktor Marc Fehlmann herangetragen. Wie die Geschäftsprüfungskommission im Bericht festhielt, wollte Fehlmann personalrechtliche Massnahmen ergreifen, durfte das aber aufgrund einer Weisung des zuständigen Präsidialdepartements der damaligen Regierungspräsidentin Elisabeth Ackermann nicht.

«Die Auffassung der GPK, man müsse dennoch auf Vorwürfe reagieren, ist richtig», so Jans. Auch wenn die Mitarbeitenden ihre Vorwürfe später dementierten.

«Beim Arbeitgeber Basel-Stadt herrscht der Grundsatz der Nulltoleranz, was sexuelle Belästigungen angeht.»

Man sei daran, spezifische Massnahmen umzusetzen. Es gelte, zwischen den Interessen der Belegschaft an Aufklärung und jenen der Betroffnen an Privatsphärenschutz abzuwägen. Das sei immer eine Herausforderung, so Jans.

GPK weist die Vorwürfe zurück

GPK-Präsident Christian von Wartburg liess die Vorwürfe der Regierung nicht auf sich sitzen. «Der Bericht ist lückenhaft, weil er nicht in ein juristisches Verfahren eingreifen wollte», begründete er und machte betreffend der Vorwürfe der Nachforschungen auf eigene Faust das öffentliche Interesse geltend.

«Es gibt Momente, wo in einer Stadt etwas öffentlich wird und sich die Oberaufsichtskommission die Mühe nimmt, in ihrer Freizeit diese Dinge aufzuarbeiten. Ich weise jede Kritik zurück, wir haben objektiv gearbeitet. Alles ist überprüft.»

Wenn man nicht geschrieben habe, was im Assessment stand, sei das der Entscheid der GPK gewesen. Er weise «zumindest präsidial» die Kritik der Regierung zurück und halte sich an den Bericht.

Der Grosse Rat nimmt schlussendlich mit 76:16 Stimmen bei einer Enthaltung Kenntnis vom Bericht der Geschäftsprüfungskommission zur Situation des Historischen Museums Basel und der Vorgänge betreffend Anstellung, Konfliktklärungsprozess und Freistellung des Museumsdirektors.