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Er war mit 115 Jahren der älteste Mann der Schweiz und Einwohner von Basel: Djafar Mohammad Behbahanian, ehemaliger Schatzmeister des persischen Schahs. Aus dem Geheimnis seines langen Lebens machte der Gentleman nie einen Hehl.
«Wie, Herr Behbahanian, wird man so alt wie Sie?» – «Nun, es ist so: Ich rauche nicht, ich trinke nicht, denke nur an die guten Dinge. Und ich nehme wenig Salz und Zucker zu mir.» Natürlich führt die Frage letztlich zwangsläufig ins Leere, denn wer kann schon genau sein Glück begründen, weit über 100 Jahre alt zu werden? Oder, je nach Betrachtungsweise, das Unglück?
Wobei, im Falle des Herrn Djafar Mohammad Behbahanian, Jahrgang 1902, geboren in einer Kleinstadt in Südpersien, also dem heutigen Iran, zuletzt staatenlos und wohnhaft an der Arnold Böcklin-Strasse im Basler Bachlettenquartier, war es ein Glück. So sah er es zumindest und so sagte er es auch allen, die das Geheimnis seines Lebenselixiers zu ergründen suchten. Unglücklich und unzufrieden werde man nicht alt. Zumindest nicht so alt.
Jetzt ist Djafar Behbahanian gestorben. Glück und Zufriedenheit liessen ihn 115 Jahre alt werden, diesen Dezember wären es 116 Jahre gewesen. Je älter er wurde, desto mehr Zweifel wurden unter jenen laut, die stets nach den ältesten Menschen der Welt suchen. Irgendwie nahm man es dem Mann nicht mehr so ganz ab, der 1978 aus dem Iran floh, weil die islamische Revolution sein Persien durchschüttelte und ihn, den privaten Schatzmeister des schillernden aber brutalen Schahs Mohammad Reza Pahlavi, in Lebensgefahr brachte.
Doch die Zweifler verstummten angesichts der Lebensgeschichte schnell wieder, zumal die Kinder Behbahanias, und das muss man sich erst einmal vorstellen, auch weit über 80 Jahre alt sind. Schliesslich gratulierte auch die Basler Regierung dem stets akkurat gekleideten älteren, Pardon: ältesten, Mann regelmässig offiziell zum Geburtstag.
In den vergangenen Jahren wurde es ruhiger um ihn. Die bz durfte ihn 2011 an seinem 109. Geburtstag porträtieren. Zuletzt war die «Coopzeitung» zu Besuch, im März dieses Jahres. Man sah Behbahanian nun doch das hohe Alter an, auf dem Bild, wo er am Tisch nach einer Dattel greift. Denn diese habe er sich trotz des hohen Zuckergehalts ab und zu doch noch gegönnt.
Was lernen wir von einem Mann, der nicht nur über ein Jahrhundert gelebt hat, sondern auch die bittere Armut in einer Heimat von vor zwei Weltkriegen, den unfassbaren Luxus des Schahs, die Flucht in ein anderes Land, später von hier aus im US-Immobiliengeschäft handelte und überhaupt: die Zeit mit wachem Geist in einer Spanne überblickte wie kaum ein anderer?
Es ist die Liebe, die bleibt. Zum Leben, zu seiner Frau Doris, die 36 Jahre jünger, bis zum Schluss an seiner Seite blieb. Und dass diese Liebe gepflegt werden muss. Denn es sind die kleinen Dinge, die das Glück bewahren. Wie er damals der bz sagte: Er könne sich so glücklich schätzen mit ihr. Natürlich fielen ihm manchmal gewisse Sachen etwas schwer, aber seine Frau sei jederzeit da. Er sagte es, als sie den Raum verlassen hatte. Denn man bringt eine Frau nicht in Verlegenheit.
Den Schweizer Pass hatte Djafar Behbahanian nie. Mit seinen 75 Jahren habe er damals nicht mehr Deutsch lernen können, wie er immer wieder betonte. Und das wäre für eine Einbürgerung notwendig gewesen, egal, wie alt, egal, welche Lebensgeschichte jemand ins Land bringt.
Die Dankbarkeit für das Bleiberecht, das ihm die Eidgenossenschaft vor 40 Jahren gewährte, zeigt er anders. Er gründete eine Stiftung zur Förderung und Unterstützung von medizinischen Behandlungen menschlicher Krankheiten, insbesondere zur Unterstützung von Forschung und Projekten des Medizinischen Departements der Universität Basel sowie zur Unterstützung von Menschen, die in einem Basler Spital behandelt werden und nachweislich auf Unterstützung angewiesen sind.
Jetzt ist er gegangen, der ehemalige Schatzmeister des Schahs, der weit mehr als nur eine zweite Heimat in der Schweiz gefunden hatte. Und der uns beispielhaft zeigte, dass es nicht darauf ankommt, wie lange man lebt, sondern was man daraus macht.