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Die Geschäftsführung demissioniert aus Protest gegen ihre Entmachtung durch die BKB. Es stellt sich erneut die Frage der Staatshaftung.
Der Vorgang ist einmalig: Geschlossen tritt die Geschäftsleitung der Bank Cler zurück. Sie protestiert damit gegen die Degradierung des eigenständigen Finanzinstituts innerhalb des Konzerns der Basler Kantonalbank (BKB) zu einem Vertriebsnetz der Basler Staatsbank. Offiziell lautet die Version: Die drei Geschäftsleitungsmitglieder verlassen die Bank «auf eigenen Wunsch», dies «aufgrund der veränderten Aufgabengebiete im Rahmen der verstärkten Integration der Bank Cler in die Führungsstrukturen des Konzerns BKB».
Der Eklat kommt nicht ganz unerwartet. Der Branchendienst «Inside Paradeplatz» berichtete bereits Ende Juli von einem «Machtkampf bei der Discount-Bank Cler» und spekulierte über einen Abgang der Geschäftsleitung in corpore».
Recherchen zeigen, dass der eigentliche Bruch schon im Juni stattgefunden hat, als Adrian Bult als Bankratspräsident des BKB-Konzerns die Entmachtung des bis dahin eigenständigen Verwaltungsrats der Bank Cler durchsetzte. So musste Andreas Sturm das Präsidium an Basil Heeb, den neuen Konzernchef der BKB, abtreten. Aus Protest schied er daraufhin ganz aus dem Cler-Verwaltungsrat aus. In der entsprechenden Medienmitteilung hiess es verklausuliert, die bisherigen Verwaltungsräte Sebastian Frehner, Christine Keller, Ralph Lewin und Andreas Sturm «haben auf eine Wiederwahl verzichtet».
In einem Interview mit der Zeitung «Finanz und Wirtschaft» sprach Heeb Klartext: Zentralisiert unter dem BKB-Dach würden alle Aufgaben, darunter auch die hochsensiblen Bereiche Recht, Compliance und Finanzsteuerung. Ausgespart würden lediglich die Bereiche, die den Marktauftritt der Bank Cler beinträchtigen würden. Mit anderen Worten: Die Bank sollte als Fassade intakt bleiben.
Die BKB stellt die Reorganisation als logische Entwicklung dar: Der staatliche Bankkonzern hat die ehemalige Bank Coop mit einem schweizweiten Filialnetz vollständig übernommen. Sie hat ihr mit «Bank Cler» einen neuen Namen und Auftritt umgehängt und sie schliesslich per 1. April von der Börse genommen. Die neue Organisation, die etwa die Geschäftsleitung der Bank Cler ab 1. September aus der Unternehmensleitung der BKB verbannt, sei lediglich die konsequente Umsetzung.
Abgemacht war allerdings eine andere Aufgabenteilung zwischen der BKB und der Bank Cler: Während sich die BKB als klassische Kantonalbank auf die regionale Kundschaft sowie auf das Grosskunden- und Handelsgeschäft konzentrieren sollte, hätte sich die Bank Cler als agiles Bankhaus für Kunden mit einem dünneren Geldbeutel und ein jüngeres Segment positionieren können. Mit diesem Versprechen hat sich Sturm von Finanzdirektorin Eva Herzog aus dem Amt des Bankratspräsidenten auf das untergeordnete Präsidium der Bank Cler verschieben lassen. Der neue Bankratspräsident Adrian Bult definierte die Spielregeln neu: Statt zwei weitgehend eigenständigen Institutionen, die sich kostensparend Infrastruktur- und Serviceleistungen teilen, forciert er einen integrierten Bankkonzern, der operativ durch das BKB-Kader geführt wird. Die Selbstständigkeit der Bank Cler beschränkt sich demnach auf eine eigenständige Fassadenpflege.
Die neue Führung der Bank Cler spiegelt das Konzept: Die neue Chefin Mary Vacalli ist keine ausgewiesene Bankerin, sondern stiess als Digitalchefin zur Bank. Eine Pointe, so erzählen Insider, soll sein, dass Vacalli ursprünglich bei der Bank Cler als Digitalchefin anheuern sollte, um das App «Zak» voranzutreiben, das alle Bankleistungen per Smartphone ermöglichen soll. Bult habe jedoch Wert darauf gelegt, dass die Digitalkompetenz beim Mutterhaus aufgebaut werde.
Mit der Vollintegration der Bank Cler in den BKB-Konzern stellt sich die Frage der Staatsgarantie neu, die der Kanton gesetzlich verankert für das BKB-, aber nicht für das Cler-Geschäft leistet. Wenn nun aber der BKB-Chef auch Verwaltungsratspräsident der Bank Cler ist, stellt sich die Frage der Organhaftung neu. Anders gesagt: Sollte die Bank Cler in Turbulenzen geraten, müsste Basel-Stadt dafür wohl auch ohne formelle Staatshaftung geradestehen. GLP-Politiker David Wüest-Rudin fordert die grossrätliche Finanzkommission auf, die neue Konstellation zu prüfen. Sollte sich die Staatsgarantie auf die Bank Cler ausdehnen, hätte der BKB-Konzern eine höhere Risikoprämie an den Kanton zu bezahlen. Diese beträgt derzeit jährlich acht Millionen Franken.