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Die designierten Kulturchefinnen hatten in den letzten Tagen immer wieder betont, dass es keine Krise rund um die Basler Museen gebe. An der Medienkonferenz des Historischen Museums Basel am Freitag klang dies plötzlich ganz anders – aber erst auf Nachfrage.
Und plötzlich ist alles anders. Regierungspräsidentin Elisabeth Ackermann und ihre beiden neuen Kulturchefinnen Sonja Kuhn und Katrin Grögel hatten in den letzten Tagen mehrfach betont, dass es rund um die Basler Museen keine Probleme gebe. Von einer Krise könne erst recht keine Rede sein. Es gebe lediglich einzelne Herausforderungen, für die aber bereits Lösungsansätze vorliegen würden.
Gestern tönte es plötzlich anders. Anlass war eine Medienkonferenz des Historischen Museums Basel (HMB). Der neue Direktor Marc Fehlmann ist seit sechs Monaten im Amt und zog eine erste Bilanz. Besondere Brisanz hatte der Anlass erhalten, weil die bz im Vorfeld ein vertrauliches Papier veröffentlicht hatte, worin Fehlmann auf diverse Probleme im eigenen Haus aufmerksam macht – geschönte Besucherzahlen, ungenügende Depots bis hin zu Finanzproblemen. Und das, nachdem erst vor kurzem ein strukturelles Finanzloch im Kunstmuseum bekannt geworden war.
Erst auf mehrmaliges Nachhaken räumte nun auch Kulturchefin Kuhn vor den Medien erstmals ein, dass es eben doch Probleme gibt. So sind staatliche Museen strukturell unterfinanziert. Kuhn wies auf eine Sparrunde der Regierung aus dem Jahr 2010 hin, welche der Auslöser für die Misere sei. Die Probleme bestehen also bereits seit sieben Jahren, sind aber nie grundlegend angegangen worden. «Die Mittel fehlen einfach», sagte Kuhn. Mit dieser politischen Vorgabe müsse das Präsidialdepartement (PD) umgehen.
Allerdings: Mehrere Grossräte erklären gegenüber der «Schweiz am Wochenende», dass das Parlament vom PD gar nie auf die Finanzprobleme bei den Museen hingewiesen worden sei. Und auch Kuhn erklärte vor den Medien, «dass jetzt nicht der Moment ist, den Grossen Rat über den Mittelbedarf zu informieren». Lösungsansätze seien eine Erhöhung der Mittel, eine Anpassung des Leistungsauftrags – oder eine Mischung davon. Konkreter wollte Kuhn nicht werden. Immer wieder verwies sie auf die bis Ende Jahr in Aussicht gestellte Museumsstrategie.
Das Historische Museum selber benötigt für die Pflege und bedarfsgerechte Lagerung seiner Sammlungsobjekte zusätzliches Geld. Dieses soll mit dem Budget 2019 beantragt werden. Konkrete Zahlen waren noch nicht zu erfahren. Zudem brauche das Museum bessere Depots, um die Objekte langfristig erhalten zu können. Als erste dringliche Massnahme hat das HMB mit der Verschiebung der Textilsammlung begonnen, die unsachgemäss gelagert worden sei.
Das Problem: Die nötigen Mittel sind nicht im Budget enthalten. Direktor Fehlmann hat denn auch bereits einschneidende Sparmassnahmen angeordnet: Das Museums-Bistro wird geschlossen, die Eintrittspreise werden erhöht und die Öffnungszeiten gekürzt. Es stand gar zur Debatte, das Musikmuseum im Lohnhof diesen Herbst zu schliessen. Dieses Szenario konnte aber mithilfe von privater Seite abgewendet werden.
Die Stiftung Lohnhof zahlt für 2018 bei einem Defizit bis zu 150 000 Franken an die Betriebskosten des Museums. Mit dieser Defizitgarantie solle eine Schliessung des Hauses verhindert werden. Sollte es nötig werden, will die Stiftung 2019 nochmals bis zu 150 000 Franken beisteuern. «Dem Präsidialdepartement soll damit zusätzliche Zeit verschafft werden, ein Konzept zu erarbeiten, in dem die Weiterführung aller drei HMB-Standorte eine realistische Option ist», erläuterte Bernhard Christ von der Stiftung Lohnhof. Mit einer abrupten Schliessung ein Fait accompli zu schaffen, solle auf jeden Fall verhindert werden. «Das wäre eine Ermutigung für private Donatoren, auch in Zukunft für die Kultur in Basel tätig zu werden», sagte Christ. Ein Wink mit dem Zaunpfahl.
Auch Urs Gloor, Präsident der Kommission zum HMB, liess Kritik durchblicken: Selbst die Kommission habe das Ausmass der Probleme nicht gekannt. Weder von Fehlmanns Vorgängerin Marie-Paule Jungblut noch vom PD sei sie informiert worden. Das habe sich erst mit Fehlmanns vertraulicher Analyse geändert: «Wir haben Dinge im Bericht erfahren, die wir selbst nicht wussten.» Der Bericht war von der Kommission in Auftrag gegeben worden, um gemeinsam mit der Museumsstrategie eine vertiefte Diskussion zu ermöglichen.
Doch auch die seit Jahren geforderte Museumsstrategie warf Fragen auf. Wie soll eine solche bis Ende Jahr vorgelegt werden, wenn erst ab kommendem Jahr zu allen fünf staatlichen Museen Betriebsanalysen durchgeführt werden? Wenn noch grundlegende Fragen zur Infrastruktur offen sind? Wiederholt hatte Kuhn keine Antworten. Wiederholt bat sie um Geduld. Wie solle das schwindende Vertrauen in das PD zurückgewonnen werden, wurde die Kulturchefin gefragt. «Mit Handeln. Es sieht so aus, als würden wir nur zuschauen. Aber das stimmt nicht», beteuerte Kuhn.