Nähkästchen
Chef der Basler Personenschifffahrt: «In dem Business muss man gelassen sein»

Peter Stalder, Chef der Basler Personenschifffahrt, plaudert aus dem Nähkästchen. Über Wetterpech, den Knatsch mit Rheinfelden und warum er sein Flaggschiff noch nie selber gesteuert hat.

Rahel Koerfgen
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Peter Stalder auf seinem Flaggschiff, dem «Rhystärn». Aus dem Nähkästchen hat er den Begriff «Glück» gefischt.

Peter Stalder auf seinem Flaggschiff, dem «Rhystärn». Aus dem Nähkästchen hat er den Begriff «Glück» gefischt.

Kenneth Nars

Lassen Sie uns ein wenig plaudern.

Peter Stalder: Ich habe «Glück» aus dem Nähkästchen gezogen. Deshalb: Sehr gerne (lacht).

Was ist für Sie Glück?

Wenn ich zum Glück anderer Menschen beitragen kann. Sei es bei Angestellten, aber auch im privaten Umfeld.

Klingt romantisch. Es liegt aber in der Natur des Menschen, dass er nach seinem persönlichen Glück strebt. Immer. Was macht Sie glücklich?

Ich bin einer, den man oft glücklich und zufrieden antrifft. Man muss Glück ja auch an sich heranlassen können, es erkennen! Es gibt Leute, die ersaufen im Glück und merken es nicht, das ist traurig. Ich schätze mich sehr glücklich darüber, ganz banal gesagt, in Mitteleuropa geboren zu sein und hier leben und arbeiten zu dürfen.

Seit bald zehn Jahren manövrieren Sie die Basler Personenschifffahrtsgesellschaft (BPG) durch stürmische und weniger stürmische Zeiten. Ein glücklicher Lebensabschnitt?

Natürlich ergiessen sich dann und wann negative Ereignisse über einem. Das hat es in den zehn Jahren ab und zu gegeben, dann kann auch ich mal grollen. Aber unter dem Strich wars eine glückliche Zeit. Ich habe den Eindruck, wir konnten das Unternehmen vorwärts und näher zum Publikum bringen. Viele Menschen verlassen glücklich unsere Schiffe. Das ist eine schöne Bestätigung, dass wir es richtig machen.

Was war Ihr Highlight in der Zeit?

Der Bau unseres neusten Schiffes, der MS Rhystärn. Da konnten wir von Anfang an bei der Entwicklung mitreden, von der Deckgrösse über das Buffet bis hin zur Möblierung. Es ist ein Schiff massgeschneidert nach unseren Vorstellungen. Pures Glück!

Vor einem Jahr fand die Jungfernfahrt des «Rhystärn» statt. Sie erhofften sich vom Schiff eine positive wirtschaftliche Wirkung. Und? Hat sich die Anzahl Schiffsvermietungen erhöht?

Das nicht, wir bewegen uns immer noch bei circa 200 Charterfahrten im Jahr. Jedoch muss man bedenken, dass der «Rhystärn» bei Banketten deutlich mehr Gäste fassen kann als die MS Lällekönig, nämlich 350 anstatt 200. Das bedeutet, dass wir pro Vermietung mehr Umsatz machen. Zudem steht mehr Platz zur Verfügung, gerade mit dem Panoramadeck. Das führt dazu, dass die Kunden bereit sind, bis zu 50'000 Franken für einen Anlass zu bezahlen. Bei der MS Lällekönig waren es um die 20'000.

Mit dem «Rhystärn» kam auch ein Kurswechsel der BPG bei Events, weg von mehrstündigen Anlässen hin zu kürzeren Angeboten, wo man stündlich ein- und aussteigen kann. War dieser Strategiewechsel richtig?

Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Die Mittagsfahrten sind oftmals ausgebucht, das Brunch-Schiff am Sonntag auch. Da begrüssen wir nicht selten 250 Gäste. Die Leute wollen ihre Freizeit heute einfach flexibler gestalten, auch spontaner. Drei Stunden auf einem Schiff sind zu lang.

Sie haben sich mit den neuen Angeboten nicht nur beliebt gemacht. Der Neuorientierung zum Opfer gefallen ist das Partyschiff «Nordboat» auf der inzwischen verkauften MS Lällekönig.

Solche Partys passen einfach nicht mehr zur neuen Strategie. Und bevor Hoffnungen aufkeimen: Wir halten daran fest, das wird es nicht mehr geben. Anlässe mit Musik schliesse ich aber nicht aus, mit Livekonzerten etwa, wie das an Silvester der Fall war. Auch nicht, dass wir bewährte Angebote aus der Vergangenheit in adaptierter Form dereinst wieder anbieten.

Dieser Frühling war nicht mit Wetterglück gesegnet. Spürt die BPG das?

Natürlich, wir sind eine Saisonbude. Aber das gehört nun mal dazu; in dem Business muss man gelassen sein, das Wetter geduldig hinnehmen. Dafür machten wir an den Tagen rund um Ostern Rekordumsätze.

Davon profitierte Rheinfelden nicht: Damals war der Pegelstand zu tief, die Schiffe konnten dort nicht anlegen.

Eigentlich sollte die Stelle ja abgetieft werden, sodass wir bei niedrigem Pegelstand anlegen können. Der Kanton Aargau hat dafür grünes Licht gegeben, passiert ist aber noch nichts. Das ist also nicht unsere Schuld.

In Rheinfelden ist man trotzdem nicht gut auf die BPG zu sprechen: Die Kursfahrten ab Schifflände wurden halbiert, am Sonntag wird die Stadt gar nicht mehr angefahren. Händler vor Ort klagen jetzt über Umsatzverluste. Sie gaben derweil «betriebliche Gründe» für den Entscheid an. Können Sie bisschen konkreter werden?

Die Fahrt nach Rheinfelden ist attraktiv, aber nicht an jedem Tag. Der Sonntag hat schlichtweg nicht rentiert. Vergessen Sie nicht: Die BPG gehört dem Kanton Basel-Stadt, wir erhalten jährlich fix 470'000 Franken. Im Vergleich dazu zahlt die Stadt Rheinfelden jährlich einen kleinen fünfstelligen Betrag. Da ist doch klar, worauf wir den Fokus legen! Und trotz dieser Beiträge müssen wir messerscharf kalkulieren, den Rest ja selber erwirtschaften, also unbedingt rentabel sein. Das führt zu Entscheiden, die nicht immer alle glücklich machen.

Gibt es weitere Beispiele?

Per 1. Juni steigen wir aus dem Verband Öffentlicher Verkehr aus. Ab dann sind Halbtax und Generalabonnement bei uns nicht mehr gültig. Dafür sind die Tarife im Allgemeinen tiefer. So profitieren alle.

Ui, darüber werden einige Menschen nicht glücklich sein ...

... ja Hergott, da müssen die durch! Wir sehen uns nicht als Transportunternehmen. Wir stehen für Erlebnisse, für Freizeit, für Gastronomie auf dem Wasser.

Wie steht es um die MS «Basler Dybli»? Die Betriebsbewilligung ist ausgelaufen, der Plan war, das Oldtimer-Schiff einem Verein abzugeben, weil eine Sanierung zu teuer wäre. Seit Herbst hat man nichts mehr dazu gehört.

Es sind entsprechende Bestrebungen im Gang. Wir suchen nach einer Gönnerschaft, registrieren von verschiedenen Seiten Interesse und sind zuversichtlich. Beim «Basler Dybli» handelt es sich um eine höchst emotionale Angelegenheit.

Apropos emotional: Sie sind ausgebildeter Kapitän. Kommen Sie überhaupt dazu, Ihre drei Schiffe ab und an selber zu steuern und am Glück auf dem Wasser zu schnuppern?

Sehr selten leider. Beim «Rhystärn» stand ich noch nie am Steuerruder. Ich glaube auch, das bleibt so. Ich bin ein bisschen aus der Übung, und dieses Schiff ist sehr anspruchsvoll zu steuern.

Vermissen Sies nicht?

Doch, schon. Aber das Glück kann man bekanntlich nicht erzwingen, es muss einfach passen.