Startseite Aargau Zurzibiet
Ein halbes Jahrhundert haben Theres und Urs Welte-Michel ihre Gäste im Landgasthaus in Leibstadt bewirtet. 1970 übernahmen sie es in dritter Generation – jetzt schalten sie einen Gang zurück.
Menschen laufen von links nach rechts, sie tragen grosse Kartons raus oder räumen Regale. Im «Schützen» ist zurzeit trotz Restaurantschliessung einiges los. Theres Welte ist leicht gestresst – sie will mit dem Ausräumen endlich fertig werden. 50 Jahre lang hat das Wirtepaar Theres und Urs Welte-Michel seine Gäste im «Schützen» in Leibstadt empfangen. Nun gehen die beiden in Pension.
1970 übernahm das Wirtepaar das Landgasthaus in dritten Generation. Urs’ Grossvater Emil Welte-Hilpert hatte den Betrieb Mitte der Fünfzigerjahre aufgebaut. Seither wurde das Angebot laufend vergrössert.
Zu den beliebtesten Spezialitäten von Theres und Urs Welte-Michel gehörten Egli im Chörbli oder saisonal Wild im Herbst. All die Jahre kochte Urs Welte ausschliesslich mit regionalen Produkten und die Kräuter, die der Küchenchef verwendete stammen sogar direkt aus dem eigenen Garten.
Der «Schützen» liegt in der Leibstadter Bernau, nahe am Rheinufer. Also ausserhalb des Dorfzentrums. Trotz der schwierig erreichbaren Lage durften Theres und Urs Welte-Michel über die Jahre viele Gäste empfangen. «Die wohl beste Zeit für das Restaurant begann 1972», sagt Theres Welte-Michel. Damals begann der Bau des Kernkraftwerks Leibstadt (KKL). Die Arbeiter, die am Bau beteiligt waren, kamen regelmässig in das Landgasthaus zum Essen, da es das nächste Lokal von der Baustelle aus war. «Wir hatten jeden Tag die Bude voll», erzählt die 70- jährige Theres Welte.
Auch als das Kernkraftwerk in Betrieb ging, kamen die Arbeiter zum Essen in den «Schützen». «In dieser Zeit besuchten uns viele interessante Menschen aus der ganzen Welt», sagt die Wirtin.
«In meiner Zeit als Wirtin im Schützen kann ich nichts Negatives finden», sagt Theres Welte. Zu verdanken hätten sie dies ihrem guten und langjährigen Personal und ihrer Leidenschaft für das Wirten. «Wir waren beide immer mit Leib und Seele dabei», sagt die Wirtin.
Sich unter Umständen wie der Coronasituation zu verabschieden, sei natürlich nicht ideal. Doch die Schliessung habe nichts mit der Pandemie zu tun «der Termin für die Schliessung stand schon lange fest», sagt Theres Welte.
Bereits vor fünf Jahren fällten die beiden den Entschluss, den «Schützen» zu verkaufen. Leider meldete sich in dieser Zeit niemand. Als dann Corona zum Thema wurde, musste auch der «Schützen» schliessen und das Ehepaar merkte nur noch mehr, dass sie nun wirklich bereit wären mit dem Wirten ganz aufzuhören.
Kaum war der Entschluss gefällt, meldete sich doch noch ein Käufer. «Sobald man aufhört zu suchen, findet man auch jemanden», sagt die Wirtin mit einem Schmunzeln. Das Landgasthaus wurde jedoch nicht wie geplant als Restaurant, sondern als Objekt verkauft. Heisst, dem Käufer gefiel vor allem die Lage, was er nun aber mit dem gekauften Land macht, sei noch nicht klar.
«Ich freue mich sehr auf den Ruhestand», sagt Theres Welte. Nach 50 Jahren ist das Ehepaar nun bereit, einen Gang zurück zu schalten. Mit ihrer neugewonnenen Freizeit wollen die beiden ihren Hobbys nachkommen und «einfach mal das Leben geniessen», erklärt Theres Welte. Das Wirten werde das Ehepaar nicht vermissen «Nach 50 Jahren, in denen ich immer von Menschen umgeben war, freue ich mich jetzt, einmal etwas nur für mich zu tun», sagt Theres Welte.
Aargauer Gastro-News 2020: