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Das Kernkraftwerk Beznau steht seit Mittwoch still. Der Grund: Bei zwei Notstromdieseln fehlen jeweils vier kleine Teile. Wie kam es dazu? Wie geht es nun weiter?
Im Kernkraftwerk Beznau (KKB) sind Montage-Fehler bei zwei der sechs Notstromdiesel festgestellt worden. Konkret fehlen bei Schwingungsdämpfern jeweils vier sogenannte Schockabsorber. Sie wurden gar nicht montiert, wie Axpo-Sprecher Antonio Sommavilla der AZ sagt.
Die Schwingungsdämpfer haben einen Durchmesser von 25 cm und eine Höhe von zirka 20 cm. Die Schockabsorber sind darin eingebaut und haben eine Länge von 24 cm sowie einen Durchmesser von 13 cm. Die beiden Notstromdiesel befinden sich im gebunkerten Notstandsgebäude des KKB und stammen aus den frühen 90er-Jahren
Im Bild der Notstromdiesel von Block 2 des Kernkraftwerks Beznau:
Die vier anderen Notstromdiesel befinden sich dagegen im separaten Autanove-Gebäude. Es ist gebunkert, erdbebensicher und überflutungssicher und wurde nach der Katastrophe in Fukushima (2011) auf der Beznau-Insel in Döttingen erstellt. Autanove steht für autarke Notstromversorgung. Diese vier Diesel sollen die Stromversorgung garantieren, wenn die beiden anderen ausfallen.
Die Notstromdiesel stehen zusammen mit dem Generator auf einem gefederten Grundrahmen. Der Dieselmotor ist für den Fall eines Erdbebens zusätzlich auf Schwingungsdämpfern befestigt. Die Schockabsorber würden bei einem Erdbeben dafür sorgen, dass die Notstromdiesel trotz Schwingungen unter Kontrolle bleiben. Bei einem schweren Erdbeben wird das Kernkraftwerk sofort heruntergefahren.
Die Montage-Fehler wurde am 7. Dezember bei einer Kontrolle im Rahmen eines Nachweises zur Erdbebensicherheit festgestellt und der Aufsichtsbehörde, dem Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI, gemeldet. Für die Reparatur der beiden Diesel-Aggregate standen dem KKB 48 Stunden zur Verfügung. Beschaffung und Montage der betroffenen Teile dauern aber deutlich länger. Das KKB musste deshalb am 9. Dezember vom Netz:
Nach der Fertigstellung des sogenannten Pegasos-Projekts hat das ENSI auch vom KKB einen neuen Nachweis zur Erdbebensicherheit verlangt. Die entsprechenden Arbeiten laufen bis Ende Jahr. Die Schweizer Kernkraftwerke müssen Erdbeben standhalten, die sich einmal in 10'000 Jahren ereignen können. Diesen Nachweis hat das Ensi nach der Fukushima-Katastrophe im Jahr 2011 eingefordert. Im Jahr 2012 haben alle ihn erbracht. Im Jahr 2016 legte das Ensi aufgrund jüngster wissenschaftlicher Erkenntnisse neue Vorgaben für die Erdbebensicherheit fest. Die Betreiber der Kernkraftwerke müssen dadurch bis Ende 2020 einen neuen Nachweis erbringen, der deutlich umfangreicher ist.
Das ist zurzeit unklar. Ebenso, wer genau die vermeintliche Montage kontrolliert hat. Die interne Untersuchung des Kernkraftwerks Beznau ist im Gang. Die Notstromdiesel werden gemäss den Vorgaben des Herstellers periodisch gewartet. Die letzte Totalüberholung mit dem Ausbau der Aggregate fand in den Jahren 2009 beziehungsweise 2010 statt. Die Schockabsorber wurden hierbei sicher ausgetauscht. Den Namen des Lieferanten nennt Axpo aus rechtlichen Gründen nicht. Das Ensi kann jederzeit Inspektionen durchführen.
«Auch wenn die beiden betroffenen Notstromdiesel bei einem schwersten Erdbeben ausgefallen wären, wäre die Sicherheit des KKB gewährleistet geblieben», sagt Sommavilla. Er verweist auf die vier weiteren Notstromdiesel im Autanove-Gebäude, die normal funktionieren würden. Um das KKB zu kühlen, reicht ein Notstromdiesel.
Die Axpo muss mit einem Ertragsausfall im Millionenbereich rechnen. Die genaue Höhe ist noch unklar. Er hängt vor allem an der Dauer des Ausfalls ab. "Die Energie, die das KKB in den nächsten Wochen produziert hätte, ist schon verkauft", sagt Sommavilla. Axpo muss nun Ersatz beschaffen. Zu Gute kommen könnte dem Stromkonzern, dass die Strompreise über die Weihnachtstage in der Regel eher moderat sind.
Das Kernkraftwerk Beznau wird die fehlenden Schockabsorber in den zwei Notstromdieseln montieren lassen. Dann wird es vom Ensi die Freigabe zum Wiederanfahren beantragen. "Wir werden dazu einen umfassenden Bericht erarbeiten und auch Verbesserungsvorschläge aufzeigen – wie wir das bei derartigen Vorkommnissen immer machen", sagt Sommavilla. Erteilt das Ensi grünes Licht, wird das KKB wieder zur Stromproduktion hochgefahren.