Bad Zurzach
Ortskern soll wieder zum Marktplatz werden: Was Anwohner befürchten und welch verlockendes Angebot Grundeigentümer besänftigen soll

Wenn die Autos mit der Fleckenumfahrung in Bad Zurzach verschwinden, soll die Schwertgasse zu neuem Leben erwachen. Der Gemeinderat stellte an einer Info-Veranstaltung seine Vision vor.

David Rutschmann
Drucken

Die Ruhe von Corona ist vorbei. Zwar karren heuer noch nicht 10'000 Autos durch den Kern von Bad Zurzach, wie sie dies in Spitzenzeiten vor der Pandemie taten. Aber der Autoverkehr über den Rhein ist wiedererwacht. Ein Ende davon ist nicht in Sicht: Seit mehr als einem Jahr wird an der 59 Millionen Franken teuren Baustelle gewerkelt, die ab 2023 den Nord-Süd-Durchgangsverkehr aus dem historischen Ortskern, dem Flecken, fernhalten soll.

Alte Zeiten aufleben lassen: Der Gemeinderat will die Schwertgasse wieder zu einem gesellschaftlichen Treffpunkt machen.

Alte Zeiten aufleben lassen: Der Gemeinderat will die Schwertgasse wieder zu einem gesellschaftlichen Treffpunkt machen.

Visualisierung: zvg

Gleichermassen soll ebenjener Ortskern bis dahin aufgehübscht werden und wieder seinen alten Glanz erhalten. Lange war der Flecken der Marktplatz der Region und wenn es nach dem Gemeinderat geht, soll er das auch wieder werden. Wichtiger Bestandteil des Fleckenkonzepts: die Schwertgasse. Die Bezeichnung «Gasse» ist ob der Breite der Strasse paradox – so wird sie auch erst ab dem historischen Gasthaus Schwert so genannt und passenderweise bis zum Bahnübergang als «Promenadestrasse» betitelt.

Die Vision des Gemeinderats, die er an einer Informationsveranstaltung vorstellte, sieht denn auch mehr einen «Schwertplatz» als eine «Schwertgasse» vor. Dieser Eindruck soll dereinst zumindest den Fussgängern vermittelt werden: Kommen sie vom Bahnhof her durch die Rosengasse, landen sie auf einem einladenden, steinbepflasterten Platz mit Bänken und mobilen Bäumen, die auch als Sonnenschirme dienen (ein Exemplar steht bereits vor dem Gemeindezentrum Langwies).

Badegäste mit Bars und Cafés ins Zentrum locken

Grosses Potenzial sieht der Gemeinderat darin, die Gäste des Thermalbads in das Ortszentrum zu locken. Wenn dereinst die Ochsen-Passage nicht mehr hinter einem Wald aus Verkehrsschildern versteckt ist, sollen auch Kurgäste ihren Weg vom Park in den aufgehübschte Flecken finden.

Bernhard Scheuber, Gemeindeammann von Bad Zurzach

Bernhard Scheuber, Gemeindeammann von Bad Zurzach

Claudio Thoma

Gemeindeammann Bernhard Scheuber gerät ins Schwärmen: Strassencafés, Vinotheke, Bars und Samstag vielleicht der Zurzi-Märt? Möglich machen soll das vor allem die Verkehrsberuhigung der Schwertgasse: Geplant ist eine 20er-Zone, eine vier Meter breite Einbahnstrasse vom Ochsen bis zur reformierten Kirche. So bleibt viel Platz für die grossen Trottoirs, welche die Vision von der Begegnungszone «Schwertplatz» Realität werden lassen sollen. Im vergangenen Jahr wurde mit provisorischen Terrassen aus Paletten schon ein Vorgeschmack für diese Begegnungszone geschaffen.

Bei allen blumigen Wünschen des Gemeinderats für die Zukunft des Fleckens kamen wie so oft an solchen Informationsabenden auch die Sorgen der Anwohner zur Sprache. Diese betrafen zunächst den Umbau der Schwertgasse, der – so hofft der Gemeinderat – im kommenden Frühjahr beginnen kann und zur Eröffnung der Fleckenumfahrung Ost fertiggestellt sein soll. Die Anwohner fürchteten ob der Baustelle für anderthalb Jahre nicht mehr mit dem Auto zu ihren Liegenschaften zu kommen. So hiess es zum Beispiel:

«Versucht ihr mal, eine Wohnung zu vermieten, an die man nicht heranfahren kann.»

Gemeinderat Reto S. Fuchs räumte ein, dass die Baustelle von den Anwohnern viel abverlangen wird, aber dass die Zufahrt immer gewährleistet bleiben soll. Dies soll auch in der neuen Schwertgasse der Fall sein: Einige Parkplätze für Autos sollen erhalten bleiben und durch Velo-Stellplätze ergänzt werden.

Doch auch über die Bauzeit hinaus brachten die Anwohner Bedenken an. Die Schwertgasse könne «die Festhütte von Bad Zurzach» werden brachte ein Bewohner ein, Littering und Lärm würden zunehmen. Zur Beschwichtigung dieser Anliegen will der Gemeinderat noch einmal Einzelgespräche mit den Eigentümern jeder Parzelle führen.

Ein verlockendes Angebot wurde noch von Stephan Güntensperger von der Stiftung Gesundheitsförderung Bad Zurzach + Baden geäussert. Die Stiftung bietet allen Liegenschaftsbesitzern der Schwertgasse an, ihnen das Gerüst für die Fassadenverschönerung oder zumindest die Hebebühne für die Fassadenreinigung zu zahlen. Für seinen Vorschlag erhielt er Applaus. In Anspielung an das altehrwürdige Gebäude sagte Ammann Scheuber scherzhaft: «Dann kann der wilde Mann gebändigt werden.»