Eine Landessprache zu beherrschen, sei ein Ziel der Integration, findet auch der Regierungsrat. Im Gegensatz zu FDP-Grossrat Adrian Schoop will er die Dolmetscherdienste aber deswegen nicht zusammenstreichen.
Die kantonale Opferhilfe muss pro Jahr 70- bis 90-mal einen Dolmetscherdienst für Übersetzungen hinzuziehen. 2021 hat das den Kanton etwas über 31'000 Franken gekostet. Auch die Asyl-Sozialhilfe braucht regelmässig Übersetzerinnen und Übersetzer, das schlug im letzten Jahr mit knapp 161'000 Franken zu Buche. Beim Amt für Migration und Integration (Mika) des Kantons beliefen sich die Dolmetscherkosten für die Aufenthaltsregelung im gleichen Zeitraum auf 3400 Franken. Der Stundenansatz für eine Übersetzerin oder einen Übersetzer beträgt dabei 70 Franken, mit zusätzlichen Leistungen sind es 88 Franken.
«Die Dolmetscherkosten sind aus Sicht des Regierungsrats nicht zu hoch. Es besteht demnach kein Handlungsbedarf», kommt die Regierung, angesichts dieser Zahlen, zum Schluss. Sie widerspricht damit FDP-Grossrat Adrian Schoop, der mit einem Fragekatalog zu staatlichen Dolmetschern an den Regierungsrat gelangt ist.
Rund 200'000 Personen in der Schweiz könnten sich nicht in einer Landessprache verständigen, schreibt Schoop in seinem Vorstoss. Sie seien deshalb regelmässig auf Dolmetscher angewiesen. «Auf der Kostenseite führt dies zu erschreckenden Zahlen», so der Grossrat. Da im Aargau der Ausländeranteil kontinuierlich steige, sei auch hier davon auszugehen, dass die kantonalen und die kommunalen Dolmetscherkosten stetig zunähmen. «Es besteht deshalb die Gefahr, dass sich unter dem Radar der Öffentlichkeit eine neue Sozialindustrie auf Kosten der Steuerzahler etabliert», so Schoop.
Dabei müsse in der Integrationspolitik grundsätzlich die Erwartung bestehen, dass sich eine Migrantin oder ein Migrant eine Landessprache selbstständig aneignet, bleibe diese Person längerfristig in der Schweiz und im Aargau. «Es ist befremdend, wenn der Staat für selbst verschuldete sprachliche Lücken von denjenigen Migranten einspringen muss, die schon seit Jahren in der Schweiz leben», schreibt Schoop weiter. Es sei fraglich, ob man in solchen Situationen Übersetzungen auf Staatskosten verlangen darf.
Das sieht der Regierungsrat grundsätzlich auch so. Das Beherrschen einer Landessprache sei äusserst wichtig und auch im Gesetz verankert. Ausländische Personen mit Niederlassungsbewilligung erhalten nur dann eine Aufenthaltsbewilligung, wenn sie sich in einer Landessprache verständigen können, oder sie sich zu einem Sprachförderungsprogramm angemeldet haben. Von ausreisepflichtigen Ausländerinnen und Ausländern könne aber keine sprachliche Integration erwartet werden.
Der Kanton führt keine Statistik darüber, wie viele Personen im Aargau keine Landessprache sprechen. Laut Bundesamt für Statistik haben zehn Prozent der Migrationsbevölkerung aus der ersten Generation keine Landessprache-Kenntnisse.
Es sei denkbar, dass sich der Anreiz, Deutsch zu lernen, verringern würde, wenn die betroffenen Personen unbegrenzten Zugang zu Dolmetscherdienstleistungen hätten, schreibt der Regierungsrat auf eine entsprechende Frage von Adrian Schoop. Da der Einbezug von Dolmetschenden jeweils an gewisse Voraussetzungen gebunden sei, sei dies aber nicht der Fall. «Ein extensives Dolmetscherprogramm liegt im Kanton Aargau nicht vor», so die Regierung.
Wie hoch die Kosten für Dolmetscherdienste gesamthaft sind, kann man beim Kanton nicht beantworten. Ein guter Teil entfällt auf die Gemeinden, weil diese für die Sozialhilfe zuständig sind. Eine aussagekräftige Erhebung der Daten wäre unverhältnismässig aufwendig gewesen, schreibt der Regierungsrat.