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Kanton Aargau
Soll die Steuervorlage 2017 mit der AHV-Sanierung verknüpft werden? Aargauer Volksvertreter stimmen dem Vorhaben im Grossteil zu – weisen jedoch auf Mängel hin.
Heute kommt es in Bern zu einer heissen Diskussion: Im Ständerat wird die Steuervorlage 17 beraten. Ein auf den ersten Blick trockenes, komplexes Geschäft, das aber grosse Auswirkungen haben dürfte.
Darum geht es: 2017 lehnten 60 Prozent der Stimmbürger die Unternehmenssteuerreform III ab. Der Bundesrat hat die Vorlage entschlackt und als Steuervorlage 17 ins Parlament gebracht. Weil sie viel kostet, gilt sie an der Urne als absturzgefährdet – doch die Schweiz ist quasi dazu verpflichtet, vorwärtszumachen. Denn die heute bestehenden Steuerprivilegien sind international nicht mehr zugelassen und müssen durch neue ersetzt werden.
Die Diskussion heute in der kleinen Kammer in Bern wird heiss, weil die ständerätliche Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) Mitte Mai einen überraschenden Kompromiss vorschlug. Er soll das komplexe, umstrittene Steuergesetz attraktiver machen und für Zustimmung im Volk sorgen. Vorgesehen ist unter anderem eine «soziale Ausgleichsmassnahme». Konkret: Für jeden Steuerfranken, der wegen der Steuervorlage 17 entfällt, soll ein Franken in die AHV fliessen. Was halten die Aargauer Volksvertreter in Bern von dieser Verknüpfung?
Die zwei Aargauer Ständeräte, Philipp Müller (FDP) und Pascale Bruderer (SP) sind sich einig: Mangels Alternative sollte man dem Vorhaben zustimmen. Müller sagt: «Mit der sachfremden Verknüpfung von zwei sehr unterschiedlichen Vorlagen habe ich etwas Mühe. Es ist aber wichtig, die Steuervorlage 17 ins Trockene zu bringen. Ich sehe keine andere Lösung.»
Man solle es undogmatisch betrachten: Die Steuervorlage sei besser als jene des Bundesrates vor der Kommissionsberatung. Bei der Dividendenbesteuerung werde er die Minderheit unterstützen, die diese den Kantonen überlassen will. «Das ist wichtig für die im Aargau stark vertretenen Familienunternehmen.» Die AHV müsse man ohnehin finanzieren, so gehe das Geld für die Kompensation zur Steuervorlage an den richtigen Ort.
Pascale Bruderer findet: «Es verdient Anerkennung, dass die WAK-Mitglieder es geschafft haben, sich parteiübergreifend die Hand zum Kompromiss zu reichen.» Dass man in zwei wichtigen und dringlichen Dossiers eine breit getragene Lösung gefunden habe, sei sehr wertvoll. Dass zwei sachfremde Vorlagen miteinander verknüpft werden, vermöge sie «weder zu begeistern noch zu überzeugen». Mangels Alternative verdiene der aktuelle Vorschlag aber zumindest von seiner Entstehungsgeschichte her momentan Unterstützung.
Und was sagen Vertreter der Parteien, die den Aargau zwar nicht im Ständerat, dafür im Nationalrat vertreten?
Für Maximilian Reimann (SVP) ist klar: «Mitunter braucht es in der Politik Kompromisse und die Verknüpfung von Sachgeschäften, um ans Ziel zu kommen.» Nach den beiden einzelnen Nein zur USR III und der AHV-Reform 2020 gehe für ihn «die Verknüpfung grundsätzlich in Ordnung». Wünschenswert wäre für Reimann, wenn auch die Gleichstellung von Mann und Frau beim Rentenalter miteingepackt werden könnte. Falsch sei die Behauptung, mit dieser Koppelung werde das Prinzip der Einheit der Materie verletzt: «Es geht ja nicht um eine Änderung der Verfassung.» Zudem möge man sich bitte daran erinnern, was bei den Bilateralen I und II alles miteinander verknüpft worden sei, mahnt Reimann.
Zustimmung kommt auch von Ruth Humbel (CVP). Sie findet die Verknüpfung «eine kreative Lösung, die sowohl den Erwerbstätigen als auch den Rentnern dienen würde». Dass es eine Kompensationsmassnahme brauche, sei klar, die Linke sei deutliche Abstimmungssiegerin gewesen. Die Kinderzulagen, wie sie der Bundesrat vorgeschlagen habe, wären zu einseitig. «Mit der AHV haben wir ohnehin ein Problem, das man auch dringend angehen muss. Von dieser Lösung würde die gesamte Bevölkerung profitieren.»
Widerspruch kommt dagegen von Beat Flach (GLP). Er stuft die Idee, «zwei drängende Probleme in einem Aufwisch erledigen zu wollen» zwar als «edles Ansinnen» ein – die Gefahr, dass damit das Fuder überladen werde, sei aber sehr gross. Mangelnde Transparenz sei schon der Grund gewesen, warum die USR III und die AHV-Reform 2020 vom Volk abgelehnt worden seien. «Ich befürchte auch, dass die Sanierung der AHV mit dieser Vermischung weiter verzögert wird.» Letztlich würden somit die Jungen bestraft. «Ich bin nicht bereit, den Generationenvertrag zu kündigen», sagt Flach. Im Gegenteil: Er müsse angesichts der demografischen Entwicklung erneuert werden.