Aargauer Grosser Rat
Premiere: Die erste Stellvertreterin nimmt Platz im Parlament

Die GLP-Fraktion macht als erste von der neuen Stellvertreterregelung im Grossen Rat Gebrauch: Am Dienstag übernimmt Iva Marelli für drei Monate das Amt von Leandra Kern-Knecht. Diese geht in den Mutterschaftsurlaub.

Eva Berger
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Probesitzen im Grossratssaal: Iva Marelli (links) vertritt ab Dienstag Leandra Kern-Knecht im Grossen Rat. Kern-Knecht geht in den Mutterschaftsurlaub. Im Hintergrund die beiden Freiämter GLP-Grossräte Dominik Peter und Hans-Peter Budmiger.

Probesitzen im Grossratssaal: Iva Marelli (links) vertritt ab Dienstag Leandra Kern-Knecht im Grossen Rat. Kern-Knecht geht in den Mutterschaftsurlaub. Im Hintergrund die beiden Freiämter GLP-Grossräte Dominik Peter und Hans-Peter Budmiger.

zvg

Die Aargauerinnen und Aargauer haben am 22. September 2022 an der Urne deutlich, mit 64.4 Prozent, Ja gesagt zu einer Stellvetreterregelung für Parlamentsmitglieder. Am 1. Januar ist die neue Bestimmung in Kraft getreten und schon in der ersten Grossratssitzung des Jahres macht eine Fraktion davon Gebrauch: Die Grünliberale Leandra Kern-Knecht geht in den Mutterschaftsurlaub, für sie rückt Iva Marelli nach. In drei Monaten räumt sie ihren Platz wieder, wenn Kern-Knecht zurückkehrt.

Ist ein Parlamentsmitglied zwischen drei und zwölf Monaten abwesend, kann das erste Ersatzmitglied der gleichen Wahlliste einspringen. Die Stellvertretung ist während dieser Zeit ein vollwertiges Mitglied des Grossen Rats. «Ich freue mich sehr auf mein Grossratsamt auf Zeit», sagt Iva Marelli auf Anfrage. Sie sieht die Stellvertretungsregelung als wichtigen Schritt für die Vereinbarkeit von Familie und Politik. «Dazu leiste ich gerne meinen Beitrag.»

Die Stellvertreterregelung geht denn auch auf einen Vorstoss von Grossrätinnen zurück, die sich eine solche Bestimmung insbesondere für Mütter während des Mutterschaftsurlaubs wünschten.

Einwohnerratspräsidentin in Baden

Die 36-jährige Juristin Marelli wohnt in Baden, politisiert dort im Team Baden. Vor einem Jahr wurde sie zur Einwohnerratspräsidentin gewählt, noch bis Ende 2023 ist sie höchste Badenerin. Dass sie mit der GLP und nicht mit den Grünen für den Grossen Rat kandidiert hat, begründete sie damals gegenüber der AZ damit, dass ihr der Diskurs in der Mitte lieber ist als jener an den Polen. Unter GLPlern gelte sie aber als «linke Socke».

Im Grossen Rat wird sie ihre eigene persönliche Haltung vertreten, mit Leandra Kern-Knecht muss sie sich nicht absprechen. In den Wochen vor Weihnachten hat die Grossrätin ihre Stellvertreterin in die Arbeit des Parlaments eingeführt. «Ich erfahre sehr viel Unterstützung, auch durch das Ratssekretariat und die Fraktion», sagt Iva Marelli. Über die Festtage habe sie sich zudem in die wichtigsten Geschäfte hineingekniet. In einer Kommission mitarbeiten wird sie in den drei Monaten Grosser Rat nicht. Ansonsten ist ihre Aufgabe die gleiche wie die der anderen Parlamentsmitglieder.

Wieder Kandidatin 2024

Dank einer sehr flexiblen Arbeitgeberin, und weil auch die Badener Einwohnerratssitzungen am Dienstag stattfinden, bringt Marelli auch den Grossen Rat zeitlich unter. «Ich habe mein Pensum wegen des Einwohnerrats reduziert. Es braucht etwas Planung, aber es geht», sagt sie. Bammel, dass ihr der Grosse Rat zu langweilig oder zu stressig sein könnte, hat sie nicht. «Ich gehe nicht davon aus, dass es mir in diesen drei Monaten verleidet», meint sie. Sie kandidiere voraussichtlich wieder bei den Grossratswahlen 2024 – gerne würde sie dann definitiv ins Kantonsparlament einziehen.

Schon seit einigen Wochen im Mutterschaftsurlaub ist Tonja Burri (SVP), sie verzichtet allerdings auf eine Stellvertretung. Diese ist freiwillig: Wer sich nicht vertreten lassen will, muss nicht. Bekämpft wurde die Regelung im Grossen Rat trotzdem – von der SVP.