Die vier Grossräte Gabriel Lüthy (FDP), Martin Brügger (SP), Hans-Ruedi Hottiger (parteilos) und Roland Frauchiger (EVP) wollen mit Blick auf ein Projekt im Jura der Geothermie neues Leben einhauchen. Sie wollen vom Kanton wissen, wo er die Gefahren sieht und wie er eine Vorreiterrolle einnehmen könnte.
Vor Jahren ruhten in der Schweiz grosse Hoffnungen auf der Geothermie. Der Bundesrat rechnet in der Energiestrategie 2050 gar mit einem Anteil von 7 Prozent des künftigen Stromverbrauchs. Das ist auch dringend nötig, wenn dereinst die AKWs vom Netz gehen. Doch seit die mit vielen Hoffnungen begleiteten, aufwendigen Projekte in Basel, Zürich und St. Gallen kolossal gescheitert sind, ist es um die Geothermie ruhig geworden.
Doch jetzt tut sich wieder etwas. So soll in Haute-Sorne im Kanton Jura ein geothermisches Stromprojekt realisiert werden – mit finanzieller Unterstützung des Bundesamts für Energie (BFE). Das weckt neue Hoffnungen. Nun wenden sich die Grossräte Gabriel Lüthy (FDP) (Sprecher), Martin Brügger (SP) Hans-Ruedi Hottiger (parteilos) und Roland Frauchiger (EVP) mit einer Interpellation an den Regierungsrat. Sie erinnern an das Ziel des neuen nationalen Energiegesetzes, wonach die Energieversorgung bis 2050 zu 100 Prozent erneuerbar sein soll. Dazu braucht es auch die Geothermie.
Das Innere der Erde berge ein riesiges Potenzial an Wärme, argumentieren die vier Grossräte: «Rund 99 Prozent der Erde sind heisser als 1000 Grad Celsius – genug, um den Energiebedarf der Weltbevölkerung auf alle Zeit zu decken,» heisst es da. Die Frage ist nur, wie man dieses Potenzial effizient nutzen kann, ohne etwa Erdbeben zu riskieren.
Der Regierungsrat anerkenne zwar das Potenzial, halten die vier fest, er sei bisher «aber stets zurückhaltend und unverbindlich» geblieben, habe auf erhebliche technologische Unsicherheiten verwiesen, und dass es die Erfahrung aus Pilotprojekten brauche. In der Zwischenzeit wurden diverse Projekte lanciert, etwa in Genf, Vinzel, Lavey-les-Bains und eben Haute-Sorne. Jetzt wollen die Grossräte wissen, wie sich die Regierung zur Geothermie stellt, auch vor dem Hintergrund der Erkenntnisse aus anderen Geothermie-Projekten (Genf, Haute-Sorne, St. Gallen, Basel). Sie wollen weiter wissen, welche Potenziale sie erwartet und welche Gefahren sie sieht. Sie fragen, was der Kanton unternimmt, um hier eine Vorreiterrolle einzunehmen, wie weit man bei der Ermittlung möglicher Standorte sei.
Die Geothermie sei nachhaltig, ökologisch, erneuer- und vor Ort verfügbar, begründet Gabriel Lüthy den Vorstoss. Er hofft, wie er im Gespräch mit dieser Zeitung sagt, «dass die Regierung einen Kataster erstellt, der wie bei der Solarenergie zeigt, welche Gebiete im Kanton Aargau welches Potenzial haben». Lüthy erwartet nicht Subventionszahlungen, «aber dass der Kanton die gesetzlichen Rahmenbedingungen schafft, damit Interessierte, zum Beispiel die AEW AG, ein solches Projekt starten und/oder mitfinanzieren können».
Er sei Optimist, sagt Lüthy: «Ich will die Risiken keineswegs hinunterspielen, glaube aber trotz der negativen Erfahrungen, dass das erhoffte Potenzial dank technologischer Weiterentwicklung dereinst ausgeschöpft werden kann.»
Daran glaubt auch FDP-Nationalrat Matthias Jauslin fest. Er präsidiert den Verein Geothermische Kraftwerke Aargau. Er ist sogar überzeugt, «dass der Aargau aufgrund des erhöhten Wärmezuflusses aus dem Untergrund für die geothermische Strom- und Wärmeproduktion besonders geeignet ist. Das zeigen auch unsere vielen heissen Thermalquellen. Wir sitzen hier sogar auf einem richtigen Hotspot». Er hat selbst unlängst in Bern einen Vorstoss zum Projekt in Haute-Sorne gemacht. Jauslin: «Nachdem das Bundesgericht eine Beschwerde gegen das Vorhaben abgelehnt hat und der Bundesrat die Geothermie weiter fördern will, wird diese Projekt hoffentlich zum Fliegen kommen.» Wenn man nicht endlich vorwärts mache, werde man das Ziel bei der Geothermie nicht erreichen können, sagt er.
Im übrigen zeigten aktuelle ETH-Versuche im Bedrettotal, «dass man den Stein auch mit viel geringerem Erdbebenrisiko aufbrechen kann, als was wir in Basel und St. Gallen erlebt haben». Dieses Verfahren kommt bei Bohrungen in grösseren Tiefen für die Stromproduktion zur Anwendung. Für die geothermische Wärmeproduktion müsse man jedoch nicht so tief bohren: «In Tiefen zwischen 500 und 2000 Metern besteht ein gutes Wärmepotenzial, das wir nutzen sollten.»
Jauslin erinnert daran, dass der Aargau grosse Fernwärmenetze hat, allen voran Refuna im unteren Aaretal: «Refuna nutzt die Abwärme des AKW Beznau. Sobald dieses vom Netz geht, braucht es eine neue Wärmequelle. Aus Gründen der Feinstaubbelastung durch ein mögliches Holzheizkraftwerk sollte die Alternative Geothermie als Wärmequelle nochmals geprüft werden.» Jauslin hofft auf entsprechende Pionierarbeit im Aargau.