Sarah Noman, Aisha Pfund, Grace Räber und Enea Fischlin sind gerade zurück vom Europäischen Jugendparlament. Die Schülerinnen und Shchüler der Kanti Wohlen mussten über Themen diskutieren, von denen sie zuvor keine Ahnung hatten. Und sie vertraten ihre Meinung vor über 100 Leuten. Sie waren nervös. Aber sie würden es zu 110 Prozent weiterempfehlen.
Man kann es gar nicht anders sagen: Sie schwärmen. Dabei geht es um Politik, um Probleme auf der Welt, darum, sich persönlich einzubringen und vor über 100 Personen zu reden, und alles auch noch auf englisch. Dennoch: Sie schwärmen.
Drei Kantischülerinnen und ein Kantischüler durften Anfang Mai ins belgische Antwerpen reisen und mit Gleichaltrigen aus verschiedenen Ländern über politische, wirtschaftliche, rechtliche, aber auch ökologische Themen diskutieren. Sie nahmen am Europäischen Jugendparlament (EYP) teil.
Es klingt streng, zwei Tage lang mussten sich die Schülerinnen und Schüler in Gruppen, sogenannten Komitees, über Probleme unterhalten, sie durchdenken, sich Argumente zurechtlegen und am Ende einen Lösungsvorschlag erarbeiten. Diesen mussten sie am Tag drei dem ganzen, rund 100-köpfigen Jugendparlament vorstellen. Und dieses konnte dann entscheiden, ob es den Lösungsvorschlag annehmen oder ablehnen will.
«Ein Antrag wurde abgelehnt, andere nur sehr knapp angenommen. Unsere sind alle sehr deutlich angenommen worden», berichtet der 16-jährige Enea Fischlin aus Boniswil, der die 1. Kanti besucht, nicht ohne Stolz.
Fischlins Komitee hatte kein leichtes Thema, und auch keines, über das Jugendliche in seinem Alter generell Bescheid wissen. «Wir mussten eine Lösung dafür finden, dass es zu wenig Reglemente gibt, die das intellektuelle Eigentum schützen. Ein Beispiel war, dass junge Designer sich nicht davor schützen können, dass grosse Modehäuser ihre Ideen stehlen.»
Damit hatte er sich noch nie auseinandergesetzt. «Aber es war sehr spannend. Es geht im Jugendparlament ja nicht nur ums Thema selbst, sondern man lernt, vor grossen Gruppen zu sprechen und sich selber und seine Meinung zu vertreten», fügt er hinzu.
Die 19-jährige Sarah Noman aus Zufikon, deren Maturprüfungen nächste Woche beginnen, musste sich mit dem Thema Fast Fashion befassen. «Wir mussten uns überlegen, wie die Modeindustrie nachhaltiger werden könnte. Dafür müsste sie unabhängig werden von den Billigproduzenten in Südostasien», berichtet sie und sagt:
«Ehrlich gesagt, ich habe mich noch nie mit dem Thema beschäftigt. Aber wenn ich jetzt shoppen gehe, überlege ich mir zweimal, ob ich dies oder jenes kaufen will.»
Auch die anderen bestätigen, dass das vertiefte Wissen, das sie sich an den vier Tagen in Antwerpen angeeignet haben, ihr Leben bereichert. «Es bringt zum Nachdenken. Das ist auch ein Ziel des EYP», sagt Fischlin.
Die 17-jährige Aisha Pfund aus Bellikon besucht die 2. Kanti in Wohlen. Sie diskutierte über das Problem, dass in manchen Ländern wichtige Akten bei Gerichtsverhandlungen nicht zugänglich gemacht werden, obwohl sie als eindeutige Indizien dienen könnten. «Das ist sicher kein Thema, mit dem man sich in unserem Alter je beschäftigen würde», sagt sie lachend.
Alle drei würden die Erfahrung, die sie in Antwerpen und zuvor schon im vergangenen Herbst im nationalen Jugendparlament in Biel gemacht haben, nicht missen wollen. «Ich würde es zu 110 Prozent weiterempfehlen», sagt Fischlin. Die anderen nicken eifrig.
Pfund ergänzt: «Es bringt auch viel, einmal vor so vielen Leuten zu sprechen. Anfangs ist man sehr nervös, aber man gewöhnt sich dran.» Das würden sie allen sagen, die sich nächstes Schuljahr überlegen, zusammen mit Geschichtslehrer Thomas Widmer an einer solchen Veranstaltung teilzunehmen.
Alle drei betonen: «Das EYP ist eine Familie.» Fischlin erklärt: «Man arbeitet miteinander, lernt sich kennen und lernt, einander zu vertrauen. Man bildet ein internationales Netzwerk und knüpft sehr gute Freundschaften. Auch im Hostel waren wir mit Leuten aus anderen Ländern einquartiert, das hat uns nochmals enger zusammengeschweisst.»
Noman fügt hinzu: «Es ist nicht selbstverständlich, dass man Leute in so kurzer Zeit so gut kennen lernt. Aber dafür gibt es zu Beginn eine Art Teambildungstag. Die Organisierenden wollen, dass man sich wohlfühlt. Das merkt man auch daran, dass man so akzeptiert wird, wie man ist. Niemand muss etwas sagen, und man kann sich stets von der Jury Tipps holen.»
Pfund und Fischlin können sich nun vorstellen, irgendwann in die Politik zu gehen. Noman eher nicht, sie beginnt bald ihr Medizinstudium. «Aber ich überlege mir auf jeden Fall, als Freiwillige bei zukünftigen EYP-Veranstaltungen mitzuhelfen.»