Boswil
Sie verdrängten Beyoncé aus den Charts: Chaarts erhalten 290'000 Franken aus dem Swisslos-Fonds

Die Chaarts Chamber Artists wurde vor elf Jahren im Boswiler Künstlerhaus gegründet und strahlt mittlerweile weit über den Aargau hinaus. Der Regierungsrat spricht 290'000 Franken aus dem Swisslos-Fonds für das Erfolgsprojekt aus dem Freiamt, das im Frühling sogar Beyoncé aus den deutschen Albumcharts verdrängte.

Nathalie Wolgensinger
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Chaarts, eine bunt zusammengewürfelte Truppe aus Musikerinnen und Musikern aus insgesamt 17 Nationen.

Chaarts, eine bunt zusammengewürfelte Truppe aus Musikerinnen und Musikern aus insgesamt 17 Nationen.

zvg

Der Betrag von 290'000 Franken aus dem Swisslos-Fonds scheint auf den ersten Blick viel. Der künstlerische Leiter des Boswiler Ensembles Chaarts, Andreas Fleck, präzisiert allerdings:

«Den Chaarts Chamber Artists gehören zwischen sieben und 60 Musikerinnen und Musikern an. Da gehen nur schon die Übernachtungskosten richtig ins Geld.»

Die Besetzung des Streichorchesters ändert sich ständig. Eine Konstante ist, dass sich die Besetzung auf Mitglieder erfolgreicher Streichquartette und Kammerensembles, Solisten und Konzertmeister sowie Solobläser aus führenden europäischen Orchestern beschränkt.

Das Künstlerhaus Boswil: ein Mekka für Klassikfans aus der ganzen Schweiz und darüber hinaus.

Das Künstlerhaus Boswil: ein Mekka für Klassikfans aus der ganzen Schweiz und darüber hinaus.

Maria Schmid (15. Juni 2019)

Dreh- und Angelpunkt ist das Künstlerhaus Boswil. Hier trifft sich das «wahrscheinlich grösste Streichquartett der Welt», wie sie sich auf ihrer Website nennen, seit nun mehr elf Jahren zum Proben. Dass sich das Orchester etabliert hat in der Welt der Klassik, beweist die Tatsache, dass sie in den letzten Jahren mit weltberühmten Musikern wie Martha Argerich, Vilde Frang, Ian Bostridge oder den King's Sisters auftraten.

Das Orchester, das keinen Dirigenten braucht

Chaarts sei für diese Stars dasselbe wie ein massgeschneidertes Rennauto für einen Formel-1-Piloten, vergleicht Andreas Fleck. Er sagt:

«Da muss man bloss noch einsteigen und Gas geben, da braucht es nicht viel mehr. »

So kommt das Orchester auch oft ohne Dirigent aus, denn es brauche keinen Vermittler zwischen dem Orchester und den Musikern, so Fleck weiter.

Der armlose Hornist Felix Klieser spielte sein Album «Beyond Words» mit Chaarts ein und belegte Platz 8 der deutschen Albumcharts.

Der armlose Hornist Felix Klieser spielte sein Album «Beyond Words» mit Chaarts ein und belegte Platz 8 der deutschen Albumcharts.

Maike Helbig

Im Februar stürmten Chaarts gemeinsam mit dem Hornisten Felix Klieser die deutschen Albumcharts mit der CD «Beyond Words». Fleck erzählt: «Die CD schaffte es bis auf Platz 8 der deutschen Albumcharts und verdrängte damit sogar Robbie Williams und Beyoncé.» Felix Kieser wurde ohne Arme geboren, er bedient die Tasten des Horns mit seinem linken Fuss.

Auf die Begleitung von Chaarts setzen unter anderem auch bekannte Musiker aus der Schweiz wie beispielsweise Sebastian Bohren, Regula Mühlemann oder Maurice Steger. Seit Mai stehen Chaarts nun unter Vertrag einer einflussreichen Berliner Musikagentur, welche die besten Kammerorchester Europas vertritt.

Das Künstlerhaus, eine Institution, die zu Höchstleistungen motiviert

Corona hat auch den Chaarts-Programmkalender tüchtig durcheinandergewirbelt. Doch so langsam flattern die Einladungen wieder herein. Eine wahre Meisterleistung erbringt das Orchester während des Boswiler Sommers vom 23. Juni bis 4. Juli. Dann treten Chaarts bei neun unterschiedlichen Programmen innerhalb von zwölf Tagen auf. Fleck sagt: «Das ist eine wahre Meisterleistung.»

Wenn Fleck vom Künstlerhaus Boswil, der «Homebase» des Orchesters, erzählt, gerät er ins Schwärmen. Er sagt: «Ich kenne keine andere Institution, welche die Musikerinnen und Musiker schon so früh und intensiv fördert und sie damit zu Höchstleistungen bringt, die international anerkannt sind.»

Für die kommende Saison stehen bereits zwölf Projekte auf dem Programm. Unter anderem steht eine CD-Produktion mit Regula Mühlemann, Auftritte am Gaia Musikfest in Thun und den Staufer Festspielen in Göppingen an. Bereits sind gegen 40 Konzerte bis Ende Juni geplant.