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Adrian Schoch (61), Leiter des Regionalen Betreibungsamts, bleibt für Schuldner auch mal länger im Büro und sagt, welche Rechnungen oft unbezahlt bleiben
Am 1. Oktober waren es genau 20 Jahre, seit Adrian Schoch Leiter des Regionalen Betreibungsamts Windisch wurde. 61 Jahre alt ist er heute, aber noch lange nicht müde. «Ich werde auch über meine Pensionierung hinaus arbeiten. Ich mache meinen Job gerne», sagt er. Fünf Vollzeitangestellte sowie jeweils einen Lehrling der Gemeindeverwaltung Windisch beschäftigt Schoch.
Drei seiner Mitarbeiter sind ehemalige Lehrlinge. «In zehn Jahren hat niemand gekündigt.» Schoch ist mit seinem Team nebst Windisch für die Gemeinden Hausen, Mülligen, Lupfig, Birr, Birrhard und Mägenwil zuständig.
In seinen 20 Jahren als Betreibungsbeamter hat er viel gesehen. Entsprechend kann er über die Entwicklung der letzten Jahre Auskunft geben. Dass die Zahlungsmoral abgenommen hat und mehr betrieben wird, kann er so nicht bestätigen. Zwar sagt die Statistik für das Betreibungsamt Windisch, dass die Zahl der ausgestellten Zahlungsbefehle von 2010 bis 2017 um 4.25% zugenommen hat. Laut Schoch ist das aber marginal. Er vermutet dahinter das Bevölkerungswachstum. «Je mehr Bevölkerung vorhanden ist, desto grösser ist die Anzahl Betreibungen.»
Aufgrund dieser Zahlen lasse sich auch die Zahlungsmoral nicht eruieren, so Schoch. Im Grundsatz wolle der Grossteil der Schuldner ihren Pflichten nachkommen und die offenen Beträge begleichen. «Selbstverständlich gibt es einen kleinen Anteil an Schuldnern, die ihre Pflichten notorisch vernachlässigen.» Dies sei aber die Minderheit.
Am meisten bleiben die Rechnungen der Billag, der Steuerverwaltung und der Krankenkasse unbezahlt. «Für die Steuern legen die Leute in guten Zeiten zu wenig auf die Seite, für die Billag fehlt das Verständnis und bei der Krankenkasse denke viele: ‹Wieso muss ich das bezahlen, ich bin ja nie krank?›», so Schoch.
«Manche Schuldner wollen Tipps von uns», sagt Schoch, der 16 Jahre lang für die SVP im Grossen Rat sass. «Aber eine eigentliche Schuldenberatung führen wir nicht durch.» Er sei schon von einer Lehrperson der Schule Windisch angefragt worden, ob er in ihrer Klasse einen Vortrag halten könne. Die Kinder seien ganz erstaunt gewesen, was man finanziell alles berücksichtigen müsse. «Das würde ich sofort wieder machen», so Schoch.
Den Schuldnern muss man aber einfach zuhören, sie reden lassen. «Das Betreibungsamt belehrt nicht.» Manchmal müssen die Schuldner auch Dampf ablassen. «Dabei werden sie aber kaum ausfällig», so Schoch. Sein Motto ist «Hart in der Sache, aber fair im Entscheid».
«Wir sind ein Dienstleistungsbetrieb, keine Amtsstube mehr», sagt der ehemalige Kantonspolizist. Er sagt, auf der Polizeischule habe er viel gelernt für seinen jetzigen Beruf. Doch sei es noch nie zu Drohungen oder sonstigen Zwischenfällen gekommen. «Wir behandeln die Leute mit Würde, Respekt und Anstand. Hinter jeder Betreibung steht ein Mensch.»
Mit diesem Ansatz könne fast immer die gewollte Kooperation erreicht werden. Schoch hält aber fest, dass nicht alles auf Knopfdruck funktioniert. Beispielsweise müssen Schuldner mehrmals telefonisch oder brieflich kontaktiert werden, bis sie etwa verlangte Unterlagen einreichen. «Für uns ist das die Normalität.»
Am meisten Leute kommen vor dem Feierabend oder vor dem Mittag auf das Betreibungsamt, das am Montag jeweils bis 18 Uhr geöffnet hat. «Termine ausserhalb der Öffnungszeiten sind auch kein Problem», sagt Schoch. Er sage doch keinem, er müsse einen Tag freinehmen und seinen Arbeitgeber informieren, da bleibe er lieber noch im Büro und warte. Auch verfügt das Betreibungsamt über einen separaten, diskreten Schalter. Dort können die Schuldner ihre Anliegen vorbringen, ohne von etwaigen anderen Kunden gehört zu werden.
Eine Prognose, ob die Betreibungen in Zukunft zunehmen oder nicht, will Schoch nicht abgeben. Er sagt, das hänge stark vom Wirtschaftswachstum ab. «Geht es der Wirtschaft gut, geht es auch den Leuten gut. Umgekehrt genau so.»