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Die Stadtregierung rechnet bei einem Ja zur Unternehmenssteuerreform III mit Millionenverlusten. Diese Aussage ist verwaltungsintern so umstritten, dass es zu einer Kommunikationspanne kam.
Zwar fehlt die explizite Empfehlung, bei der Abstimmung zur Unternehmenssteuerreform III am 12. Februar ein Nein in die Urne zu legen. Doch der Inhalt der Medienmitteilung mit dem Titel «Beurteilung der Unternehmenssteuerreform durch die Stadt Baden» lässt keinen anderen Schluss zu, als dass der Stadtrat eine Ablehnung der Reform bevorzugt.
Die genauen Zahlen seien zwar von der konkreten Umsetzung abhängig; doch der Stadtrat rechne bei einer Annahme des Bundesgesetzes mittelfristig mit Steuerausfällen bei den juristischen Personen von schätzungsweise 4,5 Mio. bis 6 Mio. Franken, heisst es in der Mitteilung. «Die Ausfälle werden in vier bis fünf Jahren in vollem Umfang eintreten.»
Ein Ja zur Reform könnte Auswirkungen auf laufende Infrastrukturprojekte und das Budget Badens haben, womöglich gar eine Steuererhöhung nötig machen. Wörtlich heisst es in der Analyse: «Die finanziellen Vorgaben für die jährliche Budgetierung sind härter als in früheren Jahren, was nicht allein auf die USR III zurückzuführen ist.
In der Vergangenheit wurden auch Dienstleistungen ausgebaut, die nun überprüft werden müssen. Es kann zu Kürzungen in allen Bereichen kommen. Eine weitere Stellschraube ist auch eine Steuerfusserhöhung.» Nicht erwähnt werden in der Mitteilung mögliche Chancen der Reform für die Stadt beziehungsweise Gefahren, die eine Ablehnung mit sich bringen könnte. Das sorgt für Unverständnis – etwa bei Jürg Altorfer. Der Verwaltungsratspräsident der Stadtcasino Baden AG arbeitet hauptberuflich seit Jahrzehnten als Steuerberater unter anderem für international tätige Unternehmen.
«Die Zahlen, welche in der Mitteilung der Stadt erwähnt werden, sind irreführend und allerhöchstens die halbe Wahrheit. Denn die Gegenfinanzierung, von der auch die Stadt Baden profitieren wird, ist mit keiner Silbe erwähnt.» Er gehe davon aus, dass die Stadt mit einem siebenstelligen Betrag rechnen dürfe, der vom Bund via Kanton in Baden ausgeschüttet werde. Auch würden mögliche Zusatzerträge aus der höheren Besteuerung der Dividendeneinkünfte bei Aktionären verheimlicht.
«Ebenfalls unterschlagen wird in der Beurteilung des Stadtrates die Tatsache, dass dynamische Effekte eine entscheidende Rolle spielen», so Altorfer. «Baden hatte Glück, dass General Electric hier neue Jobs schafft und einen Geschäftssitz in die Stadt verlegt.» Werde die USR III abgelehnt, entstehe eine gefährliche Unsicherheit, und das Blatt könnte sich wenden. «Unternehmen werden sich zwangsläufig überlegen, keine neuen Stellen in der Schweiz zu schaffen oder gar Arbeitsplätze ins Ausland zu verlegen», befürchtet der Steuerexperte.
Auch bei gewissen Mitarbeitern der Verwaltung sorgt die Analyse des Stadtrats für Kopfschütteln, weshalb es gestern zu einer Kommunikationspanne kam. Ein ranghohes Mitglied der Verwaltung war auf der Mitteilung – neben Stadtammann Geri Müller – als Auskunftsperson für Journalisten aufgeführt. Der Mitarbeiter gab zu verstehen, er wolle keine Auskunft erteilen. Er könne nicht hinter der Mitteilung stehen – sie unterschlage wichtige Fakten, die für eine Annahme der Reform sprechen würden.