Ersatzwahl
Losentscheid um neuen Gemeinderat? In Obersiggenthal droht ein Wahl-Chaos

Am 19. Mai sind zwei Gemeinderatssitze zu vergeben, die Amtsantritte werden aber zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgen. Wer den Vortritt erhält, entscheidet womöglich das Los.

Pirmin Kramer
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Eine komplizierte Wahl steht im Gemeindehaus von Obersiggenthal an.

Eine komplizierte Wahl steht im Gemeindehaus von Obersiggenthal an.

Alex Spichale

Obersiggenthal sucht zwei neue Gemeinderäte und einen neuen Gemeindeammann. Die vermeintlich einfache Ausgangslage der Ersatzwahl erweist sich bei genauerer Betrachtung als so komplex, dass das Wahlbüro ein Informationspapier mit nicht weniger als sieben möglichen Szenarien an die Ortsparteien verschickte. Romana Hächler, Aktuarin des Wahlbüros, sagt: «Im schlimmsten Fall wird das Los über die Frage entscheiden müssen, wer das Amt zu welchem Zeitpunkt antritt.» Dabei geht es auch um die Frage, wer die wichtigen Ressorts Bildung und Hochbau erhält.

Grund für das drohende Wahlchaos: Die Wahl für die beiden Gemeinderatssitze wird zwar gleichzeitig durchgeführt, die Amtsantritte jedoch werden zu unterschiedlichen Zeitpunkten stattfinden. Dies, weil Aline Schaich (SP) – die die oben genannte Ressorts innehat – zurücktritt, sobald ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin gewählt wurde, also entweder nach dem 1. Wahlgang am 19. Mai oder nach einem allfälligen 2. Wahlgang. Dieter Martin (FDP) hingegen gibt seinen Sitz als Gemeinderat und Gemeindeammann Ende Jahr ab.

Falls beide Kandidaten die Wahl gleichzeitig schaffen, hoffen wir, dass sie sich in einem Gespräch über den Zeitpunkt des Amtsantritts einigen können.

(Quelle: Romana Hächler, Aktuarin Wahlbüro Obersiggenthal)

Für die beiden Gemeinderatssitze gibt es zwei Kandidaten – Bettina Lutz Güttler (CVP) und Christian Keller (Grüne). Einfach wird das Prozedere, falls nur eine der beiden Personen im 1. Wahlgang das absolute Mehr erreicht und gewählt wird: Sie oder er wird per 20. Mai neuer Gemeinderat. «Falls aber beide die Wahl gleichzeitig schaffen, hoffen wir, dass sie sich in einem Gespräch einigen können», sagt Romana Hächler. «Wenn dies nicht möglich ist, werden wir das weitere Vorgehen mit der Gemeindeabteilung des Kantons besprechen müssen.»

Der Leiter des Rechtsdiensts der kantonalen Gemeindeabteilung, Martin Süess, sagt: «Eine Möglichkeit wäre, dass in diesem Fall das Los über die Frage entscheiden würde, wer das Amt zuerst antreten darf. Alternativ könnte beschlossen werden, jener Person den Entscheid zu überlassen, die mehr Stimmen erhalten hat.»

Verkompliziert wird die Ausgangslage, weil auch noch das Amt des Gemeindeammanns neu vergeben wird. Hierfür kandidieren Bettina Lutz Güttler sowie der amtierende Gemeinderat Peter Stucki (SP).

Die beiden Ersatzwahlen sind miteinander vermischt worden. Es wäre besser gewesen, wenn sie zeitlich verschoben stattgefunden hätten.

(Quelle: Hansruedi Hess, ehemaliger Vizeammann in Obersiggenthal )

Hansruedi Hess, langjähriger Grossrat und ehemaliger Vizeammann von Obersiggenthal (SVP, später BDP), überlegte sich, eine Abstimmungsbeschwerde einzureichen, weil das Wahldispositiv womöglich nicht korrekt sei. Er verzichtet nun zwar darauf, weil die gesamte Wahl neu aufgegleist werden müsste, falls eine Beschwerde erfolgreich wäre.

Das Grundproblem aber bleibe bestehen: «Die beiden Ersatzwahlen sind miteinander vermischt worden. Es wäre besser gewesen, wenn die Wahlen zeitlich verschoben stattgefunden hätten. Ich fände es sinnvoll, wenn das Wahlbüro den Stimmbürgern noch Informationen mit den unterschiedlichen Varianten nachreichen könnte.» Weder in den Abstimmungsunterlagen noch auf der Website der Gemeinde gebe es Informationen zu den unterschiedlichen Zeitpunkten der Rücktritte beziehungsweise zum Beginn der Amtszeiten. «Das Wahlbüro ist so rasch wie möglich eine Erklärung schuldig, wie sie die Gewählten zuteilen wird», fordert Hansruedi Hess.

Warum keine zeitlich gestaffelte Wahl? Romana Hächler: «Vor einigen Jahren hat der Einwohnerrat entschieden, dass Ersatzwahlen wenn möglich zeitgleich stattfinden sollen.» Macht das im vorliegenden Fall Sinn? Martin Süess vom kantonalen Rechtsdienst der Gemeindeabteilung: «Diese Frage ist berechtigt und je nach Sichtweise unterschiedlich zu beantworten. Aus Sicht der Stimmberechtigten wäre eine zeitlich gestaffelte Wahl womöglich besser gewesen. Hingegen bietet die jetzige Lösung den Vorteil, dass die Wähler nicht öfter an die Urne gerufen werden als unbedingt nötig.»