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Der Gemeinderat von Obersiggenthal wendet sich mit einem Schreiben an den Regierungsrat. Es dürfe nicht sein, dass der Kanton das Geld behalte und gleichzeitig immer mehr Kosten auf die Gemeinde abwälze.
«In mir brodelt es schon lange», sagt Obersiggenthals Gemeinderat und Finanzvorsteher Linus Egger (CVP). «Der Kanton wälzt immer mehr Kosten auf die Gemeinden ab. Unser finanzieller Spielraum wird dadurch immer kleiner. Beispielsweise übernehmen wir inzwischen 36 Prozent der Bildungskosten, vor wenigen Jahren waren es noch 30 Prozent.» Doch wenn es einmal einen überraschenden Geldsegen gebe, wie 2020 dank der zusätzlichen Ausschüttungen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) an die Kantone, «dann sehen die Gemeinden davon keinen Rappen, dann behält der Kanton die zusätzlichen Einnahmen alleine bei sich». Vergangenes Jahr hatte der Aargau 211 Millionen Franken von der Nationalbank erhalten – rund viermal mehr als üblich.
Der Obersiggenthaler Gesamtgemeinderat wendet sich nun in einem Brief an den Regierungsrat. Er stellt drei Forderungen: Erstens seien die von der Nationalbank an den Kanton Aargau ausgeschütteten zusätzlichen Beiträge anteilmässig auf die Gemeinden zu verteilen. Zweitens seien die von der Kantonalbank ausgeschütteten Beiträge zur Hälfte ebenfalls anteilmässig an die Gemeinden zu verteilen. Und drittens: Sollten dazu die gesetzlichen Grundlagen fehlen, seien diese zeitnah zu schaffen.
Bettina Lutz, Frau Gemeindeammann von Obersiggenthal, sagt:
«Uns ist klar, dass die finanzielle Situation auch für den Kanton nicht einfach ist, insbesondere wegen Corona.»
Aber Fakt sei: Der Anteil der gebundenen Ausgaben am Gesamtbudget steigt stetig. Das führt unweigerlich zu Steuerfusserhöhungen, welche die Einwohnerinnen und Einwohner aber nicht immer zu akzeptieren bereit sind. Dadurch werden der finanzielle Spielraum der Gemeinden und deren Gestaltungsmöglichkeiten laufend eingeschränkt.» Und sie sehe mit Sorge, dass die Arbeitslosenzahlen steigen. «Wie sich die Steuereinnahmen entwickeln, ist schwierig abzuschätzen, wir gehen aber in den nächsten zwei Jahren sicher nicht von höheren Erträgen aus. Wir müssen uns wappnen.»
Dass auch Gemeinden von Gewinnen der Kantonalbank profitieren, sei andernorts längst Tatsache, heisst es im Brief weiter. So schütte beispielsweise die Zürcher Kantonalbank einen Teil ihres Gewinns an den Kanton und die Gemeinden aus, welchen diese zur Finanzierung des öffentlichen Haushalts verwenden. «Die Kantonalbank gehört allen Bewohnerinnen und Bewohnern im Kanton Aargau. Deshalb sollten die Gemeinden an den entsprechenden Abgaben ebenfalls beteiligt werden.»
Das Departement Finanzen und Ressourcen des Kantons Aargau teilt auf Anfrage mit: «Der Regierungsrat wird sich an einer seiner nächsten Sitzungen mit dem Schreiben der Gemeinde Obersiggenthal auseinandersetzen. Es lässt sich aber festhalten, dass es für den Ausgleich von Belastungen und Ressourcenausstattung in den einzelnen Gemeinden im Kanton Aargau den innerkantonalen Finanz- und Lastenausgleich gibt. Ein allfälliger Handlungsbedarf müsste in diesem Rahmen angegangen werden.» Zudem gebe es keine gesetzliche Grundlage für eine Verteilung der ausgeschütteten Beiträge von SNB und Kantonalbank an die Gemeinden.
«Insbesondere die Zusatzausschüttung der Nationalbank ist unsicher und eignet sich daher nicht für die Finanzierung der gebundenen Ausgaben der Gemeinden.»
Die Ausschüttung der SNB gehe darum an den Kanton und nicht an die Gemeinden, «weil die Kantone und der Bund damit für die Weitergabe ihrer ursprünglichen Kompetenzen entschädigt werden, die sie in der Geldpolitik hatten», hält das Finanzdepartement fest. Von der AKB erhält der Kanton Beiträge, weil er als Eigentümer der AKB das Risiko trägt und eine Staatsgarantie gibt.
In Obersiggenthal, einer der Nachbargemeinden von Baden, ist die finanzielle Situation seit bald einem Jahrzehnt ein Dauerthema. Die Steuererträge sinken, die gebundenen Ausgaben steigen. Der Steuerfuss wurde zwar mehrfach erhöht, von 98 Prozent im Jahr 2013 auf aktuell 110 Prozent. Dennoch rechnet die Gemeinde in den nächsten Jahren mit einer ansteigenden Verschuldung: Bis im Jahr 2025 werden die Nettoschulden laut Finanzplan der Gemeinde auf 48,7 Millionen Franken ansteigen. Dies unter anderem wegen geplanter Investitionen in das Hallen- und Gartenbad sowie Schulbauten,