Auf einer Rundfahrt durch Aarau zeigte Rolf Gutjahr von «Pro Velo Region Aarau», wo die Stadt für Velofahrer zu wenig sicher ist. An der Aare sind die Wege zu wenig breit. Die Velofahrer kommen mit den Spaziergängern in Konflikt.
«Aarau ist zur Velostadt geworden», sagte Stadträtin Jolanda Urech, als vor einem guten Jahr das Veloparking Bahnhofsüd eingeweiht wurde. Tatsächlich hat sich für Aarauer Radfahrer in den letzten Jahrzehnten viel verändert: Velo fahren darf man fast überall und Fahrradstreifen und Beschilderungen weisen den Weg. Jedoch ist die Stadt nicht unbedingt sicherer geworden. Unfälle kommen immer noch vor – wie am 13. Mai, als ein Velofahrer am Kreuzplatz tödlich verunfallte.
Rolf Gutjahr von «Pro Velo Region Aarau» zeigte und erklärte auf einer Rundfahrt einige «Stolpersteine» für Velofahrer in Aarau.
Vor dem Kreuzplatz bremst Gutjahr zum ersten Mal ab. Wer von der Rohrerstrasse über den Kreuzplatz will, muss die Strasse queren. Bei starkem Verkehr eine Herausforderung, denn zeigt die Ampel Grün, sind sie mit beachtlicher Geschwindigkeit unterwegs. «Es braucht viel Mut, hier die Strasse zu queren», sagt Gutjahr. Er empfiehlt allen unerfahrenen Radlern: «Das Trottoir benützen und über den Fussgängerstreifen gehen.»
Auf dem Aarauer Kreuzplatz – der grossen Kreuzung nordöstlich des Bahnhofs – ist für Velofahrer und Fussgänger Vorsicht geboten. Nach dem Unfall Mitte Mai, bei dem ein Velofahrer tödlich verletzt wurde, ist die Diskussion um die Kreuzung neu lanciert. Auch im Einwohnerrat: Therese Dietiker (EVP/EW) und Markus Hutmacher (Grüne) haben eine Anfrage zu den Veloverhältnissen auf dem Kreuzplatz und den Verbindungen von Rohr in Richtung Bahnhof eingereicht. Sie wollen vom Stadtrat wissen, warum sich das Projekt eines Velo- und Fussgängerwegs sowie einer Brücke, die vom Torfeld Nord parallel zur Eisenbahnbrücke über die Buchserstrasse zum Bahnhof führen soll, nach hinten verschoben wird. Nach dem Unfall im Mai hatte Stadtrat Werner Schib gegenüber der az gesagt, die Brücke werde gebaut, aber «weder in diesem noch im nächsten Jahr».
Laut Anfrage sei bereits im Velokonzept 1996 ein solches Projekt geplant gewesen. Im Politikplan seien für diese Brücke Projektierungs- und Realisierungskosten von rund 800 000 Franken für die Jahre 2011 bis 2013 bereitgestellt und für die Erstellung für dieselben Jahre 1,1 Millionen veranschlagt worden. Auch im Politikplan 2012 waren die gleichen Bauwerke mit denselben Beträgen für die Jahre 2012 bis 2014 geplant.
Dietiker und Hutmacher wollen deshalb wissen, wann mit dem Bau gerechnet werden könne und ob bis dahin Möglichkeiten bestünden, den Veloverkehr sicherer über den Kreuzplatz zu führen. Im Sinne einer vorübergehenden Sofortmassnahme fragen sie den Stadtrat an, ob es möglich wäre, das Velofahren auf den breiten Trottoirs nordseitig der Laurenzenvorstadt (Kreuzplatz bis Tellirain) sowie südseitig der Rohrerstrasse (ab Lichtsignal Rohrerstrasse/Aaretalstrasse bis Kreuzplatz) zu erlauben. (ksc)
Velos im Kreisel abgedrängt
Den nächsten Halt macht Gutjahr beim Gaiskreisel. «Für ungeübte Velofahrer können Kreisel gefährlich sein, weil sie bei unsicherem Verhalten von den Autos abgedrängt werden.» Gutjahr rät, immer in der Mitte zu fahren. «Beim Radfahren durch die Stadt braucht es genug Selbstbewusstsein.» Autofahrer könnten verunsicherte Velofahrer schlechter einschätzen, dadurch komme es zu Missverständnissen. «Mit separaten Veloquerungen parallel zu den Fussgängerstreifen könnte man solchen Kreiseln ausweichen», so Gutjahr.
Besonders gefährlich ist der Kreisel beim Aargauerplatz: Die Autos, die von der Bahnhofstrasse Richtung Schönenwerd fahren, passieren den Kreisel vielfach mit hoher Geschwindigkeit, weil sie keine Kurve machen müssen. «Diese Verkehrsteilnehmer nehmen den Kreisel deshalb gar nicht als solchen wahr», sagt Gutjahr. Das führt zu einer heiklen Situation für die Velofahrer, die von der Vorderen Vorstadt kommen: «Sie müssen jene Strasse queren, wo die Autofahrer von der Bahnhofstrasse mit hohem Tempo kommen.» Weil es für die Radfahrer bergauf geht, kommen sie nur langsam vorwärts und kommen so den Autofahrern in die Quere.
Doppelt ungemütlich wird es für Radfahrer oberhalb des Tellirains. Sie werden kurz vor Ende des Aufstiegs von den Ampeln aufgehalten. Dieser Umstand sei nicht zu vermeiden, sagt Gutjahr. Aber: «Die Velofahrer können sich zwar vor den Autos aufstellen, doch weil Autos und Velos gleichzeitig grün haben, werden die Velofahrer von den drängenden Autos unter Druck gesetzt.»
Rolf Gutjahr schätzt die Verkehrslage für Velofahrer in Aarau als «mittelmässig» ein. So hätte die Stadt auch bei diversen Rankings abgeschlossen. «Oft sind es Details wie oben am Tellirain, die den Velofahrer dazu bewegen, das nächste Mal das Fahrrad zu Hause zu lassen.» Es gebe in Aarau durchaus velofreundliche Stellen, aber nur teilweise. «Auf vielen Strassen hat es Velostreifen, aber diese sind oft nur lückenhaft oder einseitig.» Deshalb wird sich «Pro Velo Region Aarau» bald an die Stadt wenden: «Wir werden der Stadt Aarau nächstens ein Dokument mit 50 bis 100 Stolpersteinen in Aarau übergeben», so Gutjahr.
«An der Aare fehlt die Regelung»
An der Aare kommen den Velofahrern die Fussgänger in die Quere. Am Aareuferweg westlich der Kettenbrücke ist nur die Hälfte des Weges asphaltiert. «Es fehlt die Regelung, wer auf dem Asphalt laufen beziehungsweise fahren darf», sagt Rolf Gutjahr. Die Fussgänger brauchen häufig die ganze Breite des Weges, worauf die Radfahrer abbremsen müssen. Das Problem könnte einfach gelöst werden: «Die Fussgänger laufen auf dem gekiesten Weg und halten somit den Velofahrern und Skatern den Weg frei, die dann bequem auf dem Asphalt fahren können.»
Geht man nach der Kettenbrücke weiter der Aare entlang, verbessert sich die Situation nicht. Dort ist zwar der ganze Weg asphaltiert, jedoch weniger breit. Besonders brenzlig wird es auf der unübersichtlichen Kreuzung Zurlindensteg/Philosophenweg. «Es ist schade, dass das Projekt Aareraum Ost gescheitert ist. Solche Problemstellen wären verbessert worden», so Rolf Gutjahr.
Auch auf dem Zurlindensteg brauchen Velofahrer viel Geduld und Spaziergänger ein gutes Reaktionsvermögen. Steht eine Mutter mit einem Kinderwagen auf der Brücke, kommen Velofahrer nicht mehr durch. Kinder, die aufgeregt zwischen den zwei Geländern wechseln, um Enten zu füttern, geraten in Gefahr.